Tierseuchenbekämpfung
[10.01.2025] [25-5133/70/19]
Öffentliche Bekanntmachung der Landesdirektion Sachsen an alle Rinderhalter im Freistaat Sachsen
Rinderseuchen IBR/ IPV, Brucellose der Rinder; Leukose der Rinder (EBL)
Anordnungen zur Aufrechterhaltung des Status "Seuchenfrei" innerhalb des Freistaates Sachsen
Tierseuchenverhütung und -bekämpfung
Die Landesdirektion Sachsen erlässt folgende
Allgemeinverfügung
Zur Erhaltung des Status „frei von Rinderseuchen Infektiöse Bovine Rhino-tracheitis/ Infektiöse Pustulöse Vulvovaginitis (IBR/ IPV), Brucellose der Rinder; Leukose der Rinder (EBL)“ werden folgende Anordnungen getroffen:
- Zur Überwachung der IBR/IPV wird je nach Betriebsart eine Stichprobenuntersuchung angeordnet:
- Milchviehbetriebe mit maximal 120 Milchkühen:
zwei Bestandsmilchproben im Kalenderjahr im Abstand von fünf bis sieben Monaten mittels Tankmilch.
- Milchviehbetriebe mit mehr als 120 Milchkühen:
Einzelmilchstichproben [1] bei über 24 Monate alten Rindern unter Ausschluss der serologisch nicht negativ getesteten Rinder zweimalig im Abstand von fünf bis sieben Monaten pro Kalenderjahr.
Der Stichprobenumfang erfolgt in Abhängigkeit der Anzahl gehaltener Rinder älter als 24 Monate nach beiliegender Anlage 1.
- Gemischte Betriebe, bei denen die Anzahl laktierender Tiere im Verhältnis zur Gesamttieranzahl weniger als 30 Prozent beträgt, Mutterkuhbetriebe, Spezialisierte Jungtieraufzuchten (Fresser- und Färsenzuchten) und Mastbetriebe:
Probenahme gemäß Anordnung des örtlich zuständigen Landkreises bzw. der kreisfreien Stadt gemäß Anlage 2.
- Der örtlich zuständige Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt kann Abweichungen von den Ziffern 1a bis 1c festlegen, insbesondere für Betriebe mit geimpften Tieren oder erhöhtem Risiko.
- Die blut-/ milchserologischen Proben für die Überwachung der Rinderseuchen IBR/IBV, EBL und Brucellose sind durch den Rinderhalter zu veranlassen.
- Zur Überwachung der Brucellose ist bei erhöhtem Abortgeschehen eine Untersuchung des Abortmaterials, hilfsweise eine blutserologische Untersuchung vom Muttertier, durchzuführen.
- Es ist zu dulden, dass Proben zur Verhütung von Rinderseuchen stichprobenartig auf weitere Rinderseuchen in der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen (LUA) untersucht werden.
- Die Überwachung der Ziffern 1 und 2 obliegt den Landkreisen und kreisfreien Städten.
- Diese Allgemeinverfügung ist bis zum 31. Dezember 2026 befristet.
- Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 bis 4 wird angeordnet.
- Die Allgemeinverfügung „Vollzug des Tiergesundheitsgesetzes (TierGesG) und der Verordnung zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen Herpesvirus Typ 1 (BHV1-Verordnung)“ vom 22. Juli 2015 (GZ: DD24-5133/9/1) wird widerrufen.
- Diese Allgemeinverfügung wird auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter lds.sachsen.de/Bekanntmachung/ sowie im Sächsischen Amtsblatt verkündet.
Der vollständige Inhalt der Allgemeinverfügung kann neben der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter lds.sachsen.de/Bekanntmachung/ auch zu den Geschäftszeiten in der
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Dresden,
Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Leipzig,
Braustraße 2, 04107 Leipzig,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Chemnitz,
Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz
eingesehen werden.
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Dresden,
Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Leipzig,
Braustraße 2, 04107 Leipzig,
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Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz
eingesehen werden.
- Für diese Allgemeinverfügung werden keine Kosten erhoben.
Hinweise:
- Die Kosten für die Untersuchungen an der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen werden gemäß § 29 Nummer 1 des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz (SächsAGTierGesG) vom Freistaat Sachsen getragen.
- Die sonstigen Kosten (Probenahme, usw.) sind gemäß § 33 Absatz 2 SächsAGTierGesG vom Tierhalter zu tragen, sofern sie nicht im Rahmen der Leistungssatzung der Sächsischen Tierseuchenkasse in der jeweils aktuellen Fassung von der Tierseuchenkasse übernommen werden.
- Vom LKV Sachsen entnommene Einzeltiermilchproben der GERO - Milchleistungsprüfung oder Rohmilchgüteprüfung dürfen für Untersuchungen zur Überwachung der sächsischen Rinderbestände verwendet werden.
- Die unter Ziffer 1 lit. e. genannten Proben, die nicht durch den LKV entnommen werden, müssen mit einem elektronischen Untersuchungsauftrag aus HI-Tier an die Landesuntersuchungsanstalt für Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen (LUA) eingesandt werden.
- Der Freistaat Sachsen trägt die Kosten für die Selektion und Weiterleitung der milchserologischen Proben im Rahmen eines bilateralen Vertrages mit dem LKV Sachsen.
- Für Untersuchungen im Rahmen der Überwachung zur Aufrechterhaltung des Status "seuchenfrei" bzgl. BVD in Sachsen wird auf die Allgemeinverfügung „Überwachung der Aufrechterhaltung des Status "frei von Boviner Virus Diarrhoe (BVD)"/ Umstellung auf die serologische Überwachung der sächsischen Rinderbestände – Phase 1 und 2“ vom 9. Januar 2025; GZ: 25-5133/70/14 verwiesen.
Begründung
I. Sachverhalt
Anlass sind die Erfordernisse des sog. Tiergesundheitsrechtsakt (AHL) der Verordnung (EU) 2016/429. Der AHL stellt die Tierseuchenbekämpfung und deren Überwachung auf neue rechtliche Grundlagen. Davon ist auch die Überwachung der Rinderseuchen betroffen. Die Rinderseuchen IBR/IPV, und EBL der Rinder werden als Seuchen der Kat. C, D und E eingestuft, die Brucellose der Rinder als Seuche der Kat. B, D und E.
Der Freistaat Sachsen hat den Nachweis der Seuchenfreiheit für IBR/IPV, Brucellose und Leukose erbracht. Durch die Listung in der DelVO (EU) 2021/620 gilt für die jeweilige Tierseuche der Status „seuchenfrei“ als amtlich anerkannt.
Zur Aufrechterhaltung dieser Status muss der Freistaat Sachsen die Bedingungen gemäß Art. 41 Verordnung (EU) 2016/429 i. V. m. dem Art. 81 Verordnung (EU) 2020/689 erfüllen. Danach muss eine hinreichende Überwachungstätigkeit durchgeführt werden, um die Früherkennung der Seuche und den Nachweis des Status „seuchenfrei“ zu ermöglichen.
Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) wurde durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) beauftragt, ein einheitliches Konzept zur serologischen Überwachung der IBR/IPV zusammen mit den Ländern zu erarbeiten.
Anhand des vorgelegten Konzeptpapiers, welche den Status eines partizipierten Sachverständigengutachtens besitzen, hat das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SMS) ein sächsisches Überwachungskonzept für Rinderseuchen erstellt. Das sächsische Überwachungskonzept berücksichtigt dabei die regionalen sächsischen Betriebssysteme und die aktuelle Tierseuchenlage innerhalb des Freistaates Sachsen, der Bundesrepublik Deutschland und den anliegenden Mitgliedsstaaten im notwendigen Umfang.
Zudem beruht das gegenständliche Überwachungskonzept auf der grundlegenden Überlegung, dass die Überwachungsintensität nur schrittweise auf die EU-Mindestvorgaben nach der DelVO (EU) 2020/689 abgesenkt werden kann. Mithilfe eines schrittweisen Vorgehens wird sichergestellt, dass die gewonnenen Erfahrungen mit der jeweils angeordneten Untersuchungsintensivität evaluiert und bei weiteren Anpassungen berücksichtigt werden können.
Aus diesem Grunde ist das jetzt zu implementierende Überwachungssystem zunächst bis 31. Dezember 2026 befristet.
Mittels der vorliegenden sowie der Allgemeinverfügung „Überwachung der Aufrechterhaltung des Status "frei von Boviner Virus Diarrhoe (BVD)"/ Umstellung auf die serologische Überwachung der sächsischen Rinderbestände – Phase 1 und 2“ vom 9. Januar 2025; GZ: 25-5133/70/14 wird das sächsische Überwachungskonzept zur Aufrechterhaltung des Status „seuchenfrei“ vollständig berücksichtigt und die notwendigen Maßnahmen angeordnet.
II. Rechtliche Würdigung
Die Landesdirektion Sachsen ist örtlich und sachlich zuständig. Die grundsätzliche Zuständigkeit der Landesdirektion Sachsen ergibt sich aus dem Sächsisches Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz (SächsAGTierGesG). Gemäß § 1 Abs. 3 SächsAGTierGesG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 SächsAGTierGesG ist die Landesdirektion Sachsen für Regelungen nach § 38 Abs. 11 Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) zuständig.
Gemäß Art. 27 der VO (EU) 2016/429 (AHL) haben die Mitgliedstaaten auf der Grundlage von Analysen des Seuchenprofils, der betroffenen Risikofaktoren und des Gesundheitszustands in einer seuchenfreien Zone über die für die Früherkennung erforderlichen Überwachungsmaßnahmen zu entscheiden. Die Anforderungen für die Aufrechterhaltung des Status "seuchenfrei" für BVD ergeben sich aus Art. 41 der VO (EU) 2016/429 (AHL) sowie Art. 81 i. V. m. Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitt 2 der DelVO (EU) 2020/689.
Der Vollzug der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Tiergesundheitsrechtes liegt grundsätzlich in der Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte. Da es sich um eine grundlegende Präventionsmaßnahme handelt, wurde die Zuständigkeit zur Regelung gemäß § 1 Abs. 3 SächsAGTierGesG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 SächsAGTierGesG auf die Landesdirektion Sachsen übertragen.
Zu 1. Infektiöse Bovine Rhinotracheitis / Infektiöse Pustulöse Vulvovaginitis (IBR/IPV)
Gemäß Art. 81 i. V. m. Anhang IV Teil IV Kapitel 2 DelVO (EU) 2020/689 müssen zur Aufrechterhaltung des Status „seuchenfrei“ hinreichende Überwachungsmaßnahmen sowohl zur Früherkennung möglicher Seucheneinträge als auch zur Gewährleistung des Nachweises der Erregerfreiheit durchgeführt werden. Zur Früherkennung bedarf es risikobasierter Stichproben, zum Nachweis der Erregerfreiheit zufallsbasierte Stichproben. Das Stichprobensystem verlangt eine Designprävalenz der rinderhaltenden Betriebe auf Landesebene von 0,2% mit einer statistischen Sicherheit von 95%.
Dieses auf Art. 81 i. V. m. Anhang IV Teil IV Kapitel 2 DelVO (EU) 2020/689 basierte Stichprobenverfahren löst die in der Vergangenheit erforderliche flächendeckende Untersuchung aller Rinder ab.
Unter Zugrundelegung der erforderlichen Designprävalenz und der statistischen Sicherheit müssen in Sachsen 1337 Betriebe untersucht werden. Das FLI gab in seinem antizipierten Sachverständigengutachten [2] Methoden zur risiko- und zufallsbasierten Überwachung an. Der Freistaat Sachsen erstellte basierend auf dem Gutachten des FLI ein risiko- und zufallsbasiertes Überwachungskonzept, welches die örtlichen Gegebenheiten innerhalb des Freistaates Sachsen berücksichtigt.
Die Überwachung von Mutterkuhbetrieben, spezialisierten Jungtieraufzuchten (Fresser- und Färsenzuchten) und Mastbetrieben nach Anordnung des örtlich zuständigen Landkreises bzw. der kreisfreien Stadt erfolgt vornehmlich anhand folgender genannter Risikokriterien:
- Betriebe mit hohem Tierverkehr (ausgenommen sind innerbetriebliche Umstellungen in einem geschlossenen Betriebssystem)
- Verbringungen von Rindern aus EU-Mitgliedsstaaten oder assoziierten Staaten ohne Status (nicht frei)
- Betriebe mit hohem Transport- und Personenverkehr
- Betriebe mit mangelndem/-r Hygienemanagement und Biosicherheit
- Umfangreiches Zusammentreffen von Rindern unterschiedlicher Herkunft, überdurchschnittliche Betriebsgröße und kurze Verweildauer im Betrieb.
Das restliche Probenkontingent der zu kontrollierenden Betrieben wird mit einer zufalls-und risikobasierten Stichprobe aufgefüllt. Die anlassbezogene Abweichung des Überwachungskonzeptes bei Betrieben, in denen sich geimpfte Rinder befinden, stellt sicher, dass keine falschpositiven Testergebnisse auftreten.
Entsprechend § 1 Abs. 2 SächsAGTierGesG obliegt der Vollzug der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Tiergesundheitsrechtes den LÜVÄ der Landkreise und kreisfreien Städte.
Gemäß § 38 Abs. 11 TierGesG kann die zuständige Behörde Maßnahmen erlassen, wenn diese nicht durch eine Rechtsverordnung geregelt sind. Art. 81 DelVO (EU) 2020/689 regelt dabei nur, dass eine Überwachung notwendig ist. Das „Wie“ wird nicht geregelt. Damit Einzel- oder Sonderfälle innerhalb einer Rinderhaltung berücksichtigt werden, ist es zwingend notwendig, dass Abweichungen festgelegt werden können. Dies trifft insbesondere bei Rinderhaltungen zu, die Impftiere im Bestand haben oder aufgrund der o.g. Risikofaktoren gefährdet sind. Ebenfalls wird nicht geregelt wie die Proben zu erfolgen haben. Damit möglichst alle Möglichkeiten der Probenahme abgebildet werden, muss der Rinderhalter diese entsprechend selbst veranlassen.
Die angeordneten Maßnahmen entsprechen dabei dem Zweck des § 38 Abs. 11 TierGesG entsprechende Regelungslücken zu schließen. Mildere Maßnahmen sind ebenfalls nicht ersichtlich, da die Überwachungsintensität abgesenkt wird. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass die Einzelmilchproben aus der Milchleistungsprüfung des Sächsischen Landeskontrollverbands e.V. und die Rohmilchgüteprüfungsproben in Form der Tankmilchproben bei den sächsischen Molkereien aufwands- und kostenneutral weiterverwendet werden können.
Auch überwiegt das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des Status „seuchenfrei“. Aufgrund der Abmilderung der Maßnahmen stehen auf der Gegenseite nur die Allgemeine Handlungsfreiheit des Rinderhalters. Folgerichtig sind die angeordneten Maßnahmen auch angemessen.
Zu 2. Brucellose
Gemäß Art. 81 i. V. m. Anhang IV Teil I Kapitel 3 Abschnitt 2 Absatz 1 Buchstabe a) der DelVO (EU) 2020/689 sind die Anforderungen des Anhangs IV Teil I Kapitel 3 Abschnitt 1 Nummer 1 Buchstaben a, b, d und e der DelVO (EU) 2020/689 weiterhin zu erfüllen. Der Anhang IV Teil I Kapitel 3 Abschnitt 1 Nummer 1 Buchstabe d der DelVO (EU) 2020/689 legt dabei fest, dass bei klinischen Anzeichen weitergehende Untersuchungen durchzuführen sind. Insbesondere wird auf Untersuchungen von Aborten verwiesen.
Wird ein erhöhtes Abortgeschehen festgestellt, müssen Abklärungsuntersuchungen eingeleitet werden. Dazu kann das Abortprogramm der Sächsischen Tierseuchenkasse (TSK) genutzt werden.
Unter einem Abort (Fehlgeburt) versteht man den Abbruch einer Trächtigkeit mit Ausstoßung einer unreifen, nicht lebensfähigen Frucht. Vom Abort ist der Embryonentod abzugrenzen. Hierbei handelt es sich um das Absterben embryonaler Entwicklungsstadien der Frucht, und zwar in der Zeit von der Konzeption bis zum 42. Tag der Trächtigkeit. [3]
Um ein erhöhtes Abortgeschehen [4], [5] zu erkennen, können Betriebe mit mindestens 50 Geburten innerhalb eines Jahres als Frühwarnschwelle [6] eine Abortrate von 3 auf 100 Geburten innerhalb von 12 Kalendermonaten. Ebenfalls können durch den Betrieb weitere individuelle Parameter zur Erkennung eines erhöhten Abortgeschehens festgelegt werden.
Zu 3. Nachnutzung
Gemäß Anhang IV Teil I Kapitel 3 Abschnitt 2 Nr. 1 Buchstabe c) lit. i und Anhang IV Teil III Kapitel 2 Abschnitt 2 der DelVO (EU) 2020/689 müssen Überwachungskonzepte auch zufallsbasierte Komponenten erhalten. Dies soll durch die Nachnutzung bereits eingereichter Proben realisiert werden. Ebenfalls werden durch eine Nachnutzung Aufwand und Kosten der Überwachung bei den Betrieben und für den Freistaat Sachsen stark reduziert. Dadurch wird der Aufwand für den Tierhalter auf ein vertretbares Mindestmaß reduziert.
Zu 4. Überwachung
Entsprechend § 1 Abs. 2 SächsAGTierGesG obliegt der Vollzug der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Tiergesundheitsrechtes den LÜVÄ der Landkreise und kreisfreien Städte. Die Wahrnehmung von einzelfallbezogenen Aufgaben durch die Landesdirektion Sachsen erscheint als nicht sachgerecht. Die Anordnung und der Vollzug von einzelfallbezogenen örtlichen Maßnahmen erfolgt daher durch das jeweils zuständige LÜVA der Landkreise und kreisfreien Städte.
Zu 5. Befristung
Eine Allgemeinverfügung stellt einen Verwaltungsakt gemäß § 35 S. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar. Aufgrund dessen ist eine Befristung dieser Allgemeinverfügung nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG grundsätzlich möglich. Diese Allgemeinverfügung ist aufgrund der mit ihr verbunden Eingriffe in Rechtsgüter Dritter zu befristen. Ebenfalls sollen schrittweise die Überwachungstätigkeiten reduziert werden. Die Befristung bis zum 31. Dezember 2026 stellt sicher, dass einerseits übergangsweise eine erhöhte Überwachungstätigkeit gewährleistet wird und im Anschluss verpflichtend neue Regelungen getroffen werden.
Zu 6. Sofortvollzug
Nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann die sofortige Vollziehung im besonderen öffentlichen Interesse angeordnet werden. Die Voraussetzung liegt hier vor, da zwingend Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Status „Seuchenfrei“ getroffen werden müssen. Ebenfalls reduzieren die angeordneten Maßnahmen den Aufwand und die Kosten der Überwachung für Rinderhaltende Betriebe, die Landkreise und Kreisfreien Städte als auch für den Freistaat Sachsen. Die angeordneten Maßnahmen stellen eine Reduzierung der bestehenden Eingriffe in die Rechtsgüter Dritter dar und sind daher höher einzuschätzen als persönliche Interessen der Adressaten an der aufschiebenden Wirkung als Folge eines eingelegten Rechtsbehelfs. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtung der angeordneten eilbedürftigen Maßnahmen würde bedeuten, dass weiterhin stärkere Rechtseingriffe aufrechterhalten werden. Die angeordneten Maßnahmen dienen daher dem Schutz der Rechtsgüter Dritter. Zwar wird weiterhin in die subjektiven Rechte eingegriffen, jedoch reduzieren sich die Eingriffe. Die Erleichterung der Adressaten sowie die zwingende Aufrechterhaltung des Status „Seuchenfrei“ müssen folglich dem Interesse einer andauernden strengen Überwachung zurückstehen.
Zu 7. Widerruf
Gemäß § 49 Abs. 1 kann eine rechtmäßige nicht begünstigende Allgemeinverfügung u. a. ganz für die Zukunft widerrufen werden. Aufgrund der Einführung des Rinderseuchen-Überwachungskonzeptes des SMS basierend auf die VO (EU) 2016/429 (AHL – Animal Health Law) sind die ursprünglich angeordneten Maßnahmen der Allgemeinverfügung „Vollzug des Tiergesundheitsgesetzes (TierGesG) und der Verordnung zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen Herpesvirus Typ 1 (BHV1-Verordnung)“ vom 22. Juli 2015 (GZ: DD24-5133/9/1) durch neue rechtliche Vorgaben überlagert. Durch den Erlass der vorliegenden wird eine Überwachung eingeführt, welche wesentlich geringere Rechtseingriffe enthält.
Zu 8. Bekanntmachung, Inkrafttreten
Die Bekanntgabe der Allgemeinverfügung erfolgt auf der Grundlage des § 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG) i. V. m. § 41 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG).
Danach gilt eine Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben.
Die Bekanntgabe ist dabei mit Ablauf des Tages vollzogen, an dem diese Allgemeinverfügung im Sächsischen Amtsblatt veröffentlicht wurde.
Die Bekanntmachung erfolgt nach § 41 Abs. 4 S. 1 und 2 VwVfG in Verbindung mit Ziffer 1 der Bekanntmachung der Landesdirektion Sachsen zur Vereinheitlichung der Form der ortsüblichen Bekanntmachung von Allgemeinverfügungen der Landesdirektion Sachsen (Sächsisches Amtsblatt 2019, Nr. 22, S. 826) auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter Bekanntmachungen, dort „Inneres, Soziales und Gesundheit“ – „Tierseuchenbekämpfung“ bzw. unter der Startseite | Das Bekanntmachungsportal der Landesdirektion Sachsen sowie durch die ortsübliche Bekanntmachung des verfügenden Teils im Sächsischen Amtsblatt. Die vollständige Begründung kann ebenfalls auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen und in den oben genannten Dienststellen der Landesdirektion Sachsen zu den üblichen Geschäftszeiten eingesehen werden (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 29. Mai 2018 – 1 KN 53/17 –, Rn. 21, juris).
Bei der Bekanntgabe durch ortsübliche Bekanntmachung ist zu berücksichtigen, dass vorliegend der Adressatenkreis so groß ist, dass er, bezogen auf Zeit und Zweck der Regelung, vernünftigerweise nicht mehr in Form einer Einzelbekanntgabe angesprochen werden kann. Von einer Anhörung wurde daher auf der Grundlage des § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG abgesehen.
Zu 9. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 des Verwaltungskostengesetzes des Freistaates Sachsen (SächsVwKG).
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Änderung der Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe schriftlich, zur Niederschrift Widerspruch oder elektronisch in einer für den Schriftformersatz zugelassenen Form bei der Landesdirektion Sachsen, Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz, oder den Dienststellen der Landesdirektion Sachsen in Dresden, Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden, oder in Leipzig, Braustraße 2, 04107 Leipzig Widerspruch eingelegt werden. Die Adressen und die technischen Anforderungen für die Übermittlung elektronischer Dokumente sind über die Internetseite www.lds.sachsen.de/kontakt abrufbar.
Dresden, den 9. Januar 2025
Landesdirektion Sachsen
Dr. Tobias Elflein
In Stellvertretung des Referatsleiters Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung
Dr. Tobias Elflein
In Stellvertretung des Referatsleiters Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung
Anlage 1:
Umfang der Stichproben für die Untersuchung auf IBR/IPV in Milchviehbetrieben
- Probe
Anzahl der gehaltenen Rinder älter als 24 Monate | Stichprobenumfang (Anzahl der zu untersuchenden Rinder älter als 24 Monate) |
1 bis 45 | alle Tiere |
46 bis 100 | 45 Tiere |
101 bis 500 | 55 Tiere |
>500 | 60 Tiere |
- Probe
Anzahl der gehaltenen Rinder älter als 24 Monate | Stichprobenumfang (Anzahl der zu untersuchenden Rinder älter als 24 Monate) |
1 bis 9 | alle Tiere |
10 bis 100 | 10 Tiere |
>100 | 14 Tiere |
Der Abstand zwischen den zwei Stichproben zur Überwachung der IBR/IPV beträgt 5 - 7 Monate pro Kalenderjahr.
Anlage 2:
Umfang der Stichproben für die Untersuchung auf IBR/IPV
a) Gemischte Betriebe < 30% lakt. Tiere im Kuhanteil
1 x jährliche Stichprobe gemäß folgendem Stichprobenumfang nach Risikobeurteilung vom LÜVA
Anzahl der gehaltenen Rinder älter als 24 Monate | Stichprobenumfang (Anzahl der zu untersuchenden Rinder älter als 24 Monate) |
1 bis 15 | alle Tiere |
16 bis 30 | 15 Tiere |
31 bis 100 | 23 Tiere |
>100 | 29 Tiere |
b) Mutterkuhbetriebe
1 x jährliche Stichprobe gemäß folgendem Stichprobenumfang nach Risikobeurteilung vom LÜVA
Anzahl der gehaltenen Rinder älter als 24 Monate | Stichprobenumfang (Anzahl der zu untersuchenden Rinder älter als 24 Monate) |
1 bis 15 | alle Tiere |
16 bis 30 | 15 Tiere |
31 bis 100 | 23 Tiere |
>100 | 29 Tiere |
c) Spezialisierte Jungtieraufzuchten (Fresser- und Färsenzuchten)
2 x jährliche Stichprobe gemäß folgendem Stichprobenumfang (1. und 2.Probe) nach Risikobeurteilung vom LÜVA mit einem Abstand zwischen den zwei Stichproben von 5-7 Monaten pro Kalenderjahr
Anzahl der gehaltenen Rinder älter als 9 Monate | Stichprobenumfang (Anzahl der zu untersuchenden Rinder älter als 9 Monate) |
1 bis 9 | alle Tiere |
10 bis 100 | 10 Tiere |
>100 | 14 Tiere |
d) Mastbetriebe
nach Risikobeurteilung vom LÜVA
[1] Es sind jeweils zwei voneinander unabhängige Stichproben zu entnehmen.
[2] Vgl. Konzeptpapier des FLI zur BHV-1-Überwachung in Deutschland vom 11. November 2023.
[3] Vgl. Grunert E., Berchtold M., 1999. Fertilitätsstörungen beim weiblichen Rind. Verlag Paul Parey, Berlin, S. 263-287.
[4] Vgl. Radostits O.M., Blood D.C., 1985. Herd Health. W.B. Saunders, Philadelphia, USA.
[5] Vgl. Vincenz D., 2006. Evaluation eines Fragebogens beim Bestandsproblem
„Abort beim Rind“. Inaugural – Dissertation, Zürich.
„Abort beim Rind“. Inaugural – Dissertation, Zürich.
[6] Vgl. Bekanntmachung von Empfehlungen für hygienische Anforderungen an das Halten von Wiederkäuern vom 7. Juli 2014 (BAnz. AT 01.08.2014 B1).