Tierseuchenbekämpfung
[10.01.2025] [25-5133/70/14]
Öffentliche Bekanntmachung der Landesdirektion Sachsen an alle Rinderhalter im Freistaat Sachsen
Überwachung der Aufrechterhaltung des Status "frei von Boviner Virus Diarrhoe (BVD)"/
Umstellung auf die serologische Überwachung der sächsischen Rinderbestände – Phase 1 und 2
Tierseuchenverhütung und -bekämpfung
Die Landesdirektion Sachsen erlässt folgende
Allgemeinverfügung
Zur Überwachung der Aufrechterhaltung des Status „frei von Boviner Virus-Diarrhoe (BVD)“ werden auf Grundlage der Verordnung (EU) 2016/429 sowie der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 in den derzeit gültigen Fassungen nachstehende Maßnahmen bekannt gegeben und verfügt:- Grundsätzlich sind alle neugeborenen Kälber nicht später als 20 Tage nach der Geburt (post partum) mittels Ohrstanzprobe virologisch auf das BVD-Virus (BVDV) zu untersuchen.
- Betriebe, die von einer Ohrstanzuntersuchung auf eine serologische Überwachung des Status „seuchenfrei in Bezug auf BVD“ umsteigen wollen, müssen vorab einen serologischen Herdenstatus erheben. Dazu hat eine Anzeige beim zuständigen Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt (LÜVA) zu erfolgen, welches das weitere Verfahren nach Anlage 1 regelt.
- Nach Vorliegen eines negativen BVD-Herdenstatus nach Ziffer 2 kann die Überwachung des Rinderbestandes des Status „frei von BVD“ nach Zustimmung des zuständigen LÜVA ausschließlich serologisch unter Wegfall der Ohrstanzprobe erfolgen. Das Verfahren der ausschließlichen serologischen Überwachung regelt das zuständige LÜVA unter Berücksichtigung der Anlagen 2 und 3.
- Tragende Rinder aus BVD-freien Betrieben eines nicht BVD-freien Mitgliedstaates oder nicht BVD-freien Zone müssen vor der Einstallung in einen sächsischen Rinderhaltungsbetrieb in Abhängigkeit von dem Stadium der Trächtigkeit zusätzlich individuell getestet werden:
4.1 sofern das Rind mindestens 150 Tage trächtig ist, mit einem negativen Ergebnis auf BVD-Antikörper. Der Untersuchungsbefund darf nicht älter als 14 Tage sein.
oder
4.2 sofern das Rind weniger als 150 Tage trächtig ist, muss es aus einem Betrieb stammen, in dem serologische Tests zum Nachweis von BVD-Antikörpern mit negativem Ergebnis innerhalb der letzten vier Monate an mindestens fünf Tieren jeder Gruppe durchgeführt wurden, mit denen das trächtige Rind gemeinsam gehalten wurde.
4.3 In begründeten Einzelfällen kann das örtlich zuständige LÜVA abweichende Regelungen von 4.2 genehmigen.
- Jedes neu einzustallende tragende Rind aus einem nicht BVD-freien Betrieb muss vor der Versendung in einen sächsischen Rinderhaltungsbetrieb
5.1 mindestens einer 21-tägigen Quarantäne unterzogen und zusätzlich nach 21 Tagen Quarantäne negativ auf BVD-Antikörper getestet sein
oder
5.2 negativ auf BVDV und zusätzlich in einem Zeitraum von maximal 4 Wochen vor der zu aktuellen Trächtigkeit führenden Besamung/Belegung positiv auf BVD-Antikörper getestet sein.
- Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 – 5 wird angeordnet.
- Die Überwachung der Anordnung obliegt den LÜVÄ im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit
- Die Allgemeinverfügung „Tierseuchenverhütung und –bekämpfung Überwachung der Aufrechterhaltung des Status "frei von Boviner Virus Diarrhoe (BVD)"/Umstellung auf die serologische Überwachung der sächsischen Rinderbestände – Phase 1“ vom 30. Juni 2023 (GZ: 25-5133/70/14) wird widerrufen
- Diese Allgemeinverfügung wird auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter lds.sachsen.de/Bekanntmachung/ sowie im Sächsischen Amtsblatt verkündet.
Der vollständige Inhalt der Allgemeinverfügung kann neben der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter lds.sachsen.de/Bekanntmachung/ auch zu den Geschäftszeiten in der
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Dresden,
Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Leipzig,
Braustraße 2, 04107 Leipzig,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Chemnitz,
Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz
eingesehen werden.
- Für diese Allgemeinverfügung werden keine Kosten erhoben.
Hinweise:
- Die Kosten für die Untersuchungen an der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen werden gemäß § 29 Nummer 1 des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz (SächsAGTierGesG) vom Freistaat Sachsen getragen.
- Die sonstigen Kosten (Probenahme, Ohrstanzen usw.) sind gemäß § 33 Abs. 2 SächsAGTierGesG vom Tierhalter zu tragen, sofern sie nicht im Rahmen der Leistungssatzung der Sächsischen Tierseuchenkasse in der jeweils aktuellen Fassung von der Tierseuchenkasse übernommen werden.
- Das zuständige LÜVA regelt auf Anzeige des Rinderhalters unter Beachtung der epidemiologischen Situation das diesbezügliche betriebsspezifische Verfahren. Eine Übersicht der möglichen Untersuchungsvarianten zur Erhebung des serologischen Herdenstatus ist in der beigefügten Anlage wiedergegeben.
Begründung
I. Sachverhalt
Die BVD-Infektion ist eine anzeigepflichtige Tierseuche der Rinder. Sie wird in Deutschland seit dem 1. Januar 2011 staatlich bekämpft. Seitdem ist ein kontinuierlicher Rückgang der Zahl der BVDV-infizierten Bestände zu verzeichnen. Mit dem neuen EU-Tiergesundheitsrecht wird die Bekämpfung der BVD seit 2021 erstmalig auf EU-Ebene geregelt. Es handelt sich gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 um eine gelistete Tierseuche der Kategorien C, D und E. Die Tilgung der Tierseuche BVD wurde in Sachsen erfolgreich abgeschlossen. Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2022/214 wurde der Freistaat Sachsen in die Liste in Anhang VII Teil I Durchführungsverordnung (EU) 2021/620 aufgenommen. Damit erfolgte die Anerkennung des Status „frei von Boviner Virus Diarrhoe“. Dieser Status gewährleistet für sächsische Rinderbestände den notwendigen Schutz vor BVD-Neuinfektionen beim Viehverkehr. Rinder, welche in sächsische Betriebe verbracht werden sollen, müssen verpflichtende Zusatzgarantien hinsichtlich der BVD-Infektion erfüllen. So besteht in Zonen mit dem Status „frei von BVD“ ein grundsätzliches Impfverbot (vgl. Allgemeinverfügung der Landesdirektion Sachsen zum Impfverbot für Rinder zur Erlangung des Status „frei von BVD in Bezug auf gehaltene Rinder“ vom 25. Februar 2021; AZ:25-5133/70/10) und BVD-freie Betriebe in einer BVD-freien Zone (Land oder Landkreis) dürfen keine geimpften Tiere einstallen.I. Sachverhalt
Die Anforderungen für die Aufrechterhaltung des Status "seuchenfrei" ergeben sich aus Art. 41 der Verordnung (EU) 2016/429 sowie Art. 81 i. V. m. Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitt 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689. Damit hat die EU die Mindestzielprävalenzrate und das Konfidenzniveau für diese Tierseuche festgelegt, um eine frühzeitige Detektion eines etwaigen Eintrages der BVD mit einer gezielten Überwachung zu ermöglichen.
Die in der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 niedergelegten Vorgaben zu Untersuchungen für den Statuserhalt stellen einen Minimalkonsens der EU-Mitgliedsstaaten dar. Länderspezifische Regelungen, die über die EU-Vorgaben hinausgehen, sind möglich. Auf der Grundlage von Analysen des Seuchenprofils, der betroffenen Risikofaktoren und des Gesundheitszustands im Freistaat Sachsen war gemäß Art. 27 der Verordnung (EU) 2016/429 über die für diese Früherkennung erforderlichen Überwachungsmaßnahmen zu entscheiden. Diese sollen ein ausreichend hohes Niveau der Überwachung gewährleisten und in Bezug auf eine möglichst frühzeitige Erkennung der Seuche gleichzeitig verhältnismäßig sein.
Als Grundlage des BVD-Überwachungskonzepts des Freistaates Sachsen dient das von der Bund-Länder-Unterarbeitsgruppe „Serologie“ unter Federführung des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) erarbeitete und vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) versandte Konzeptpapier mit Vorschlägen zur zukünftigen Überwachung zur Aufrechterhaltung des Status „frei von BVD“.
Die Tilgung von persistent infizierten Tieren (PI-Tieren) und das in BVD-freien Gebieten geltende Impfverbot führen sukzessive zu einer antikörperfreien Rinderpopulation, die perspektivisch eine auf serologische Untersuchungsverfahren basierende Überwachung ermöglicht und damit den bisherigen Überwachungsansatz durch virologische Untersuchungen aller neugeborenen Kälber mittels Ohrstanze ablösen kann.
In Sachsen wird eine solche Umstellung durch die derzeit noch hohe Anzahl an geimpften Rindern und die fehlende einzeltierbezogene Dokumentation der Impfungen in der HI-Tier-Datenbank beeinträchtigt.
Auf betrieblicher Ebene wird das Überwachungskonzept aus diesen Gründen in zwei Phasen umgestellt werden.
In der ersten Phase wird im Grundsatz zunächst an der Fortführung der virologischen Untersuchung aller neugeborenen Kälber vorzugsweise mittels Ohrstanze festgehalten. Rinderhaltende Betriebe können freiwillig den serologischen Herdenstatus durch das vom zuständigen LÜVA festgelegte Untersuchungsverfahren ermitteln. Voraussetzung für die Umstellung auf eine ausschließlich auf serologischen Untersuchungen basierte Überwachung in der zweiten Phase ist ein in der ersten Phase erlangter „stabil negativer“ Herdenstatus.
In Phase 2 wird nicht mehr jedes Kalb untersucht, sondern innerhalb des Betriebs eine zufalls- und risikobasierte Stichprobe, gemäß der Anlagen 2 und 3, durchgeführt.
II. Rechtliche Würdigung
Die Landesdirektion Sachsen ist örtlich und sachlich zuständig, gemäß § 1 Abs. 2 i. V. m. Abs. 5 S. 1 des SächsAGTierGesG.Gemäß Art. 27 der Verordnung (EU) 2016/429 haben die Mitgliedstaaten auf der Grundlage von Analysen des Seuchenprofils, der betroffenen Risikofaktoren und des Gesundheitszustands in einer seuchenfreien Zone über die für die Früherkennung erforderlichen Überwachungsmaßnahmen zu entscheiden. Die Anforderungen für die Aufrechterhaltung des Status "seuchenfrei" für BVD ergeben sich aus Art. 41 der Verordnung (EU) 2016/429 sowie Art. 81 i. V. m. Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitt 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689.
Der Vollzug der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Tiergesundheitsrechtes liegt gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 SächsAGTierGesG in der Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte.
Aufgrund der grundlegenden Bedeutung der Bekämpfung der BVD und der kreisübergreifenden Lage nimmt die Landesdirektion Sachsen die Aufgaben der LÜVÄ der Landkreise und kreisfreien Städte gemäß § 1 Abs. 5 S. 1 SächsAGTierGesG insoweit wahr, dass die Rahmenbedingungen zur einheitlichen Überwachung der BVD sichergestellt werden. Der Vollzug verbleibt bei den LÜVÄ der Landkreise und kreisfreien Städte.
Zu 1. Probennahme mittels Ohrstanze
Gemäß Art. 81 Abs. 3 Buchstabe f i. V. m. Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitt 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 und Anhang IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitt 2 Nr. 1 Buchstabe c, i der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 ist jedes neugeborene Kalb spätestens am 20. Lebenstag virologisch zu beproben. Durch die Untersuchung jedes Tieres soll sichergestellt werden, dass kein Virus im Bestand zirkuliert, und v.a. persistent infizierte Tiere (Pl) unverzüglich erkannt werden. Diese stellen das Hauptreservoir des Virus dar und scheiden große Mengen des Virus über Urin, Kot, Ausscheidungen, Milch und Samen aus. Das Virus verbreitet sich hauptsächlich durch engen Kontakt zwischen PI-Tieren und anderen Rindern.
Da die Ohrstanzuntersuchung auf die Untersuchung einer kompletten Alterskohorte (neugeborene Kälber) abzielt, wird der zeitliche Rahmen bis zur Entdeckung eines Neueintrages des Virus in einen Rinderbestand und damit der Beginn der Bekämpfung erheblich reduziert. Somit ist grundsätzlich eine schnelle Wiedertilgungszeit gewährleistet. Gleichzeitig ist die vollständige und fristgerechte Untersuchung weiter erforderlich, um in der Übergangsphase der Umstellung auf die serologische Überwachung (Phase 1) sicher und zuverlässig einen Viruseintrag frühzeitig erkennen zu können.
Der diagnostische Nachweis von persistent BVDV-infizierten Rindern kann jedoch durch die Aufnahme von BVD antikörperhaltigem Kolostrum beeinträchtigt sein (diagnostische Lücke). Die Einschränkungen hängen von den aufgenommenen Antikörpermengen, der angewendeten Methode sowie vom Zeitpunkt der Probenahme ab. So ist eine sichere Diagnose bei der blutvirologischen Untersuchung, insbesondere in den ersten acht bis zwölf Lebenswochen nicht bzw. nur bei der korrekten Auswahl der geeigneten Diagnosemethode möglich. Als sicheres und zugelassenes Verfahren, d. h. ohne das Phänomen der diagnostischen Lücke, gilt die RT-PCR von Hautbioptaten (Ohrstanzproben) [1]. Mit der Anordnung unter Ziffer 1 dieses Bescheides wird den Empfehlungen des Konzeptpapiers der Bund-Länder-Unterarbeitsgruppe „Serologie“ unter Federführung des FLI Rechnung getragen. Darüber hinaus ist die Ohrstanzdiagnostik ein einfaches, in Sachsen bisher fest implementiertes Verfahren gemäß den Vorgaben der FLI-Methodensammlung1. In begründeten Ausnahmefällen kann der betreuende Tierarzt eine andere Probenmatrix zur virologischen Untersuchung unter Berücksichtigung der Ausführungen der FLI-Methodensammlung [1] auf BVDV wählen.
Die angeordnete Probenahme mittels Ohrstanze entspricht der Verpflichtung einer virologischen Untersuchung und legt das „wie“ der Untersuchungen fest.
Zu 2 und 3. Übergang in das serologische Überwachungsverfahren
Gemäß Art. 81 Abs. 3 Buchstabe f i. V. m. Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitt 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 und Anhang IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitt 2 Nr. 1 Buchstabe c, ii der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 sind alternativ auch serologische Tests zum Nachweis von Antikörpern gegen BVDV zur Aufrechterhaltung des Status „frei von BVD“ geeignet.
Für die Umstellung der virologischen auf die serologische Überwachung wurde für den Freistaat Sachsen ein BVD-Überwachungskonzept erstellt, das auf dem vom FLI erarbeiteten und vom BMEL versandten Konzeptpapier beruht.
Voraussetzung für die Umstellung auf eine ausschließlich auf serologische Untersuchungen basierte Überwachung in der zweiten Phase ist ein in der ersten Phase erlangter „stabil negativer“ Herdenstatus. Mit dieser einjährigen Umstellungsphase, wird sichergestellt, dass mit dem betriebsspezifischen serologischen Untersuchungsregime ein stabiler negativer Herdenstatus ermittelt wird. Nach Wegfall der virologischen Ohrstanzdiagnostik, führt jeder positiver serologische Untersuchungsbefund zu einem Seuchenverdacht. Um dies zu vermeiden, sind die Maßnahmen festzulegen.
In Ziffer 2 wird die Tilgung von persistent infizierten Tieren (PI-Tieren) angeordnet. Das in Sachsen als BVD-freies Gebiet geltende Impfverbot führt sukzessive zu einer antikörperfreien Rinderpopulation, die perspektivisch eine auf serologische Untersuchungsverfahren basierende Überwachung ermöglicht und damit den bisherigen Überwachungsansatz durch virologische Untersuchungen aller neugeborenen Kälber mittels Ohrstanze ablösen kann.
Die angeordnete Maßnahme regelt dabei die notwendige Voraussetzung zur Umstellung der Untersuchungsmethode von der virologischen Ohrstanzuntersuchung hin zu einem serologischen Testverfahren. Ein milderes dem Zweck entsprechendes Mittel ist nicht erkennbar. Innerhalb des Freistaates Sachsen gibt es derzeit noch eine hohe Anzahl an geimpften Rindern und darüber hinaus fehlt es an einer einzeltierbezogenen Dokumentation der Impfungen in der HI-Tier-Datenbank. Folglich ist es vor Umstellung auf eine stichprobenartige serologische Überwachung notwendig, zunächst den serologischen Betriebsstatus festzustellen. Nur so können eventuell falsch-positive Ergebnisse infolge des Vorhandenseins von BVD-(Impf-) Antikörpern in der serologischen Überwachung von vornherein auf ein Mindestmaß reduziert werden.
Das öffentliche Interesse an einer sicheren Umstellung von einer vollumfänglichen hin zu einer stichprobenbasierten Überwachung überwiegt gegenüber dem Interesse einen Herdenstatus nicht feststellen lassen zu wollen. Der Aufwand für die Tierhalter ist äußerst gering und ermöglicht eine Absenkung des zukünftigen Aufwandes trotz der Erhaltung des Status „seuchenfrei“. Ebenfalls ist die Methode nur eine Variante der zur Verfügung stehenden Untersuchungsmöglichkeiten und nicht für die Tierhalter verpflichtend umzusetzen.
In Ziffer 3 wird gemäß Empfehlung des antizipierten Sachverständigengutachtens innerhalb der zweiten Phase die serologische Betriebsüberwachung bei Betrieben mit einem stabilen negativen Herdenstatus empfohlen.
In diesen Betrieben kann die Ohrstanzuntersuchung auf BVDV ausgesetzt werden und die Überwachung des Rinderbestandes des Status „frei von BVD“ darf ausschließlich serologisch erfolgen. Der Zeitpunkt des Wechsels der Untersuchungsmethodik auf Betriebsebene erfolgt in Abhängigkeit vom Fortschritt der ersten Phase. Die Einschätzung des angemessenen Zeitpunktes eines Wechsels auf die alleinige serologische Überwachung bedarf einer fachlichen Prüfung durch das zuständige LÜVA. Die Ausgestaltung der zweiten Phase im konkreten Einzelfall obliegt ebenfalls dem zuständigen LÜVA. Dieses legt ein serologisches Untersuchungsregime unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren (serologischer Herdenstatus/ Impfstatus, Bestandsgröße, Produktionsrichtung, MLP – Betrieb, Melksystem) und den Vorgaben in Anlage 2 und 3 fest. Die Entscheidung, welcher Betrieb in Gänze in die serologische Überwachung seines Rinderbestandes zum Erhalt des Status „frei von BVD“ umsteigen kann, obliegt demnach dem pflichtgemäßen Ermessen des LÜVA als zuständige Behörde zur Umsetzung des Art. 26 der VO (EU) 2016/429 im konkreten Einzelfall.
Zu 4. und 5. Verbringung von Rindern
Bezüglich der BVD sind die unionsrechtlichen Vorgaben für das Verbringen von Rindern in andere Mitgliedstaaten oder in Zonen derselben mit dem Status „frei von BVD“ in Art. 11 Abs. 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/688 abschließend geregelt. Demnach dürfen Rinder ohne besondere Untersuchung nur aus freien Betrieben in freie Zonen verbracht werden. Für alle anderen Fälle ist die Einhaltung besonderer Bedingungen bzw. die Durchführung gesonderter Untersuchungen erforderlich.
In Ziffer 4 und 5 des Tenors wird insbesondere das Verbringen tragender Tiere reglementiert, da aufgrund der biologischen Besonderheiten der Erkrankung eine Ansteckung der Mutter in der Trächtigkeit zu einer intrauterin nicht nachweisbaren Infektion des Kalbes führen kann. Solche infiziert geborenen Kälber sind je nach Infektionszeitpunkt in-utero persistent infiziert (PI-Tiere) und als solche die potentesten Ansteckungsquellen, da diese Tiere hochgradig BVD-Virus mit allen Se- und Exkreten nach ihrer Geburt ausscheiden. Serologiebasierte Untersuchungsverfahren detektieren einen ggf. stattfindenden Ersteintrag in eine Herde über ein zugekauftes trächtiges serokonvertiertes Tier eher als die virologische Untersuchung über die Ohrstanzdiagnostik des noch in-utero befindlichen PI-Tieres nach seiner Geburt. Zum Schutz der BVDV-freien Bestände in Sachsen, die hochempfänglich für einen BVD-Viruseintrag sind, ist es daher notwendig, dass durch gezielte individuelle Untersuchungen von tragenden Tieren vor der Verbringung oder Besamung, gegebenenfalls in Verbindung mit Quarantänemaßnahmen, ein BVD-Virus-Eintrag verhindert wird.
Gemäß § 38 Abs. 11 TierGesG kann die zuständige Behörde Maßnahmen erlassen, wenn diese nicht durch eine Rechtsverordnung geregelt sind. Innerhalb des Art. 11 Abs. 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/688 werden nur die Anforderungen für das Verbringen von Rindern in andere Mitgliedstaaten geregelt.
Der Freistaat Sachsen besitzt zwar den Status „seuchenfrei“ jedoch gibt es innerhalb der Bundesrepublik Deutschland Gebiete, welche diesen Status nicht besitzen. Folglich existiert für die Verbringung von nicht „seuchenfreien“ in „seuchenfreie“ Gebiete innerhalb eines Mitgliedstaates eine Regelungslücke.
Die nach Ziffer 4 angeordnete zusätzliche Überprüfung von tragenden Rinden, die aus einem BVD-freien Betrieb, jedoch nicht aus einer BVD-freien Zone in den Freistaat Sachsen verbracht werden sollen, soll die Eintragung der BVD in den Freistaat Sachsen verhindern. Die Anordnung entspricht damit dem Zweck des § 38 Abs. 11 TierGesG Regelungslücken durch Präventivmaßnahmen zu schließen. Ein milderes Mittel ist ebenfalls nicht zu erkennen, da aufgrund der Überprüfung die Übertragung von BVDV im Zielbetrieb auszuschließen ist, ohne die Tiere quarantänisieren zu müssen. Auch ist die angeordnete Maßnahme geeignet die BVDV-Freiheit der Rinderpopulation in Sachsen kontinuierlich zu sichern. Für die Aufrechterhaltung des Status „frei von BVD" auf Betriebs- und Landesebene, sind die genannten Untersuchungen erforderlich. Es gibt unter Berücksichtigung der epidemiologischen Situation, der relativ hohen Anzahl an Impftieren bei inadäquater Dokumentation der Impftiere in der HI-Tier-Datenbank keine alternativen Möglichkeiten, mit denen die angestrebten Ziele gleich gut erreicht werden könnten und die gleichzeitig weniger einschneidend sind.
Die unter Ziffer 5 angeordneten Maßnahmen verfolgen ebenfalls den Zweck des § 38 Abs. 11 TierGesG. Die angeordneten tiefergehenden Maßnahmen sind notwendig, da das Risiko eines Eintrages von BVD durch Rinder aus nicht BVD-freien Betrieben stark erhöht ist. Geeignet ist die Anordnung der Quarantäne, da als Alternative nur die vollständige Untersagung der Verbringung von Rindern aus nicht BVD-freien in BVD-freie Betriebe existiert.
Auch überwiegt das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des Status „seuchenfrei“ gegenüber dem Aufwand der Tierhalter eine Verbringung aus nicht BVD-freien Gebieten zum eigenen Betrieb durchzuführen. Beide Maßnahmen unterscheiden dabei in BVD-freie und nicht BVD-freie Betriebe, um eine Abstufung zu ermöglichen.
Aus dem Vorgenannten ergibt sich auch, dass das öffentliche Interesse an den angeordneten Maßnahmen die Interessen der dadurch betroffenen Tierhalter am freien Bestimmungswillen über ihr Eigentum überwiegt. Dem Interesse der betroffenen Tierhalter, mit ihren Tieren nach Belieben verfahren zu können, stehen mögliche erhebliche volkswirtschaftliche Schäden, der Schutz der freien Bestände und der Tierschutz als zwingende Gründe gegenüber. Zudem dienen die angeordneten Maßnahmen dazu, eine Verbesserung der Handelsmöglichkeiten und damit perspektivisch einer wirtschaftlichen Besserstellung aller sächsischen Rinderhalter sicherzustellen. Daher dienen die Maßnahmen letztlich auch den Interessen der von den Maßnahmen betroffenen Tierhaltern.
Zu 6. Sofortige Vollziehung
Nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann die sofortige Vollziehung im besonderen öffentlichen Interesse angeordnet werden. Die Voraussetzung liegt hier vor, da Ausbruch und Ausbreitung der BVD und damit die Gefahr von tiergesundheitlichen wie auch wirtschaftlichen Folgen schnellstmöglich erkannt und unterbunden werden muss. Aufgrund des in Sachsen erreichten BVD-Freiheitsstatus ist es aus fachlichen und rechtlichen Gründen erforderlich, die angeordneten Maßnahmen ohne zeitlichen Verzug zu vollziehen, wobei die Maßnahmen sowohl im öffentlichen Interesse wie im Interesse der Rinderhalter unbedingt erforderlich sind. Es liegt im besonderen öffentlichen Interesse, dass die zur wirksamen Seuchenbekämpfung erforderlichen Maßnahmen ohne zeitlichen Verzug durchgeführt werden können. Ein BVD-Viruseintrag in einen BVD-freien Bestand in einer BVD-freien Zone führt bei tragenden Muttertieren, in Abhängigkeit vom Trächtigkeitsstatus, zur Entstehung persistent infizierter Kälber, die nach der Geburt sehr hohe Mengen an BVD-Virus mit allen Se- und Exkreten ausscheiden. Die Infektion dieser PI-Tiere kann erst erkannt werden, wenn die betreffenden Kälber geboren werden. So werden BVD-Infektionen im Bestand erst zeitverzögert, spätestens nach der Geburt, erkannt. Eine möglichst frühzeitige Erkennung des BVD-Viruseintrages ist jedoch unabdingbar, um schnellstmöglich Tierseuchenbekämpfungsmaßnahmen (Entfernung von PI-Tieren, Untersuchung des Bestandes; Verbringungssperre) ergreifen zu können und um dadurch ein Leiden der Tiere durch klinische Symptome und wirtschaftliche Verluste aufgrund des Rückganges der Herdenleistung, Kälberverluste und der Verbringungssperre sowie die Verbreitungsgefahr des BVD-Virus in andere hochempfängliche Bestände zu minimieren. Darüber hinaus besteht die Gefahr des Verlustes des Status „seuchenfrei“ von BVD für Sachsen und damit wirtschaftlichen Einbußen aufgrund von u.a. Handelserschwernissen für jeden sächsischen Rinderhalter. Diesem besonderen öffentlichen Interesse stehen keine vorrangigen oder gleichwertigen Interessen des Tierhalters gegenüber, die es rechtfertigen könnten, die Wirksamkeit der Allgemeinverfügung bis zu einer zeitlich noch nicht absehbaren unanfechtbaren Entscheidung über einen möglichen Widerspruch hinauszuschieben. Die Gefahr der Weiterverbreitung der Seuche und der damit verbundene wirtschaftliche Schaden sind höher einzuschätzen als persönliche Interessen an der aufschiebenden Wirkung als Folge eines eingelegten Rechtsbehelfs. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtung der angeordneten eilbedürftigen Maßnahmen würde bedeuten, dass ggf. die kurzfristige Feststellung des Ausbruchs und damit eine wirksame Bekämpfung der Tierseuche nicht mehr gewährleistet wären.
Zu 7. Vollzug
Entsprechend § 1 Abs. 2 S. 1 SächsAGTierGesG obliegt der Vollzug der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Tiergesundheitsrechtes den LÜVÄ der Landkreise und kreisfreien Städte. Die Wahrnehmung von einzelfallbezogenen Aufgaben durch die Landesdirektion Sachsen erscheint als nicht sachgerecht. Die Anordnung und der Vollzug von einzelfallbezogenen örtlichen Maßnahmen erfolgt daher durch das jeweils zuständige LÜVA der Landkreise und Kreisfreien Städte.
Zu 8. Widerruf
Gemäß § 49 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) kann eine rechtmäßige nicht begünstigende Allgemeinverfügung u. a. ganz für die Zukunft widerrufen werden. Aufgrund der Einführung des Rinderseuchen-Überwachungskonzeptes des Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SMS) basierend auf die VO (EU) 2016/429 sind die ursprünglich angeordneten Maßnahmen der Allgemeinverfügung „Tierseuchenverhütung und –bekämpfung Überwachung der Aufrechterhaltung des Status "frei von Boviner Virus Diarrhoe (BVD)"/Umstellung auf die serologische Überwachung der sächsischen Rinderbestände – Phase 1“ vom 30. Juni 2023 (GZ: 25-5133/70/14) durch neue rechtliche Vorgaben überlagert. Durch den Erlass der vorliegenden Allgemeinverfügung wird eine Überwachung eingeführt, welche wesentlich geringere Rechtseingriffe enthält und die Phase 2 des BVD-Überwachungskonzeptes regelt.
Zu 9. Bekanntmachung, Inkrafttreten
Die Bekanntgabe der Allgemeinverfügung erfolgt auf der Grundlage des § 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG) i. V. m. § 41 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG).
Danach gilt eine Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben.
Die Bekanntgabe ist dabei mit Ablauf des Tages vollzogen, an dem diese Allgemeinverfügung im Sächsischen Amtsblatt veröffentlicht wurde.
Die Bekanntmachung erfolgt nach § 41 Abs. 4 S. 1 und 2 VwVfG in Verbindung mit Ziffer 1 der Bekanntmachung der Landesdirektion Sachsen zur Vereinheitlichung der Form der ortsüblichen Bekanntmachung von Allgemeinverfügungen der Landesdirektion Sachsen (Sächsisches Amtsblatt 2019, Nr. 22, S. 826) auf der Internetseite der Landes-direktion Sachsen unter Bekanntmachungen, dort „Inneres, Soziales und Gesundheit“ – „Tierseuchenbekämpfung“ bzw. unter der Startseite | Das Bekanntmachungsportal der Landesdirektion Sachsen sowie durch die ortsübliche Bekanntmachung des verfügen-den Teils im Sächsischen Amtsblatt. Die vollständige Begründung kann ebenfalls auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen und in den oben genannten Dienststellen der Landesdirektion Sachsen zu den üblichen Geschäftszeiten eingesehen werden (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 29. Mai 2018 – 1 KN 53/17 –, Rn. 21, juris).
Bei der Bekanntgabe durch ortsübliche Bekanntmachung ist zu berücksichtigen, dass vorliegend der Adressatenkreis so groß ist, dass er, bezogen auf Zeit und Zweck der Regelung, vernünftigerweise nicht mehr in Form einer Einzelbekanntgabe angesprochen werden kann. Von einer Anhörung wurde daher auf der Grundlage des § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG abgesehen.
Zu 10. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 des Verwaltungskostengesetzes des Freistaates Sachsen (SächsVwKG).
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach ihrer Bekanntgabe schriftlich, zur Niederschrift oder elektronisch in einer für den Schriftformersatz zugelassenen Form bei der Landesdirektion Sachsen, Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz, oder den Dienststellen der Landesdirektion Sachsen in Dresden, Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden, oder in Leipzig, Braustraße 2, 04107 Leipzig, Widerspruch eingelegt werden. Die Adressen und die technischen Anforderungen für die Übermittlung elektronischer Dokumente sind über die Internetseite www.lds.sachsen.de/kontakt abrufbar.
Dresden, den 10. Dezember 2024
Landesdirektion Sachsen
Dr. Michael Richter
Referatsleiter Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung
Dr. Michael Richter
Referatsleiter Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung
Anlagen:
1 - Erhebung des serologischen Herdenstatus - Untersuchungsvarianten
2 - Serologische BVD Überwachung
3 - Stichprobengröße und -berechnung
Rechtsgrundlagen:
- Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“) (EU) 2016/429 in der derzeit gültigen Fassung
- Delegierte Verordnung der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften betreffend Überwachung, Tilgungsprogramme und den Status „seuchenfrei“ für bestimmte gelistete und neu auftretende Seuchen (EU) 2020/689 in der derzeit gültigen Fassung
- Sächsisches Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz vom 9. Juli 2014 (SächsGVBl. S. 386)
- Durchführungsverordnung der Kommission vom 3. Dezember 2018 über die Anwendung bestimmter Bestimmungen zur Seuchenprävention und -bekämpfung auf Kategorien gelisteter Seuchen und zur Erstellung einer Liste von Arten und Artengruppen, die ein erhebliches Risiko für die Ausbreitung dieser gelisteten Seuchen darstellen (EU) 2018/1882 in der derzeit gültigen Fassung
- Durchführungsverordnung der Kommission vom 15. April 2021 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Genehmigung des Status „seuchenfrei“ und des Status der Nichtimpfung für bestimmte Mitgliedstaaten oder Zonen oder Kompartimente dieser Mitgliedstaaten in Bezug auf bestimmte gelistete Seuchen und der Genehmigung von Tilgungsprogrammen für diese gelisteten Seuchen (EU) 2021/620
- Durchführungsverordnung der Kommission vom 17. Februar 2022 zur Änderung bestimmter Anhänge der Durchführungsverordnung (EU) 2021/620 hinsichtlich der Genehmigung oder Aberkennung des Status „seuchenfrei“ für bestimmte Mitgliedstaaten oder Zonen oder Kompartimente dieser Mitgliedstaaten in Bezug auf bestimmte gelistete Seuchen und hinsichtlich der Genehmigung von Tilgungsprogrammen für bestimmte gelistete Seuchen (EU) 2022/214
- Delegierte Verordnung der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Tiergesundheitsanforderungen an Verbringungen von Landtieren und Bruteiern innerhalb der Union (EU) 2020/688 in der derzeit gültigen Fassung
- Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 14. März 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 71) geändert worden ist
- Gesetz zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen vom 19. Mai 2010 (SächsGVBl. S. 142), das durch Art. 3 des Gesetzes vom 12. Juli 2013 (Sächs-GVBl. S. 503) geändert worden ist
- Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Art. 24 Abs. 3 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist
- Sächsisches Verwaltungskostengesetz vom 5. April 2019 (SächsGVBl. S. 245)
Anlage 1:
Erhebung des serologischen Herdenstatus - Untersuchungsvarianten
Die Erhebung des serologischen Herdenstatus kann durch eine Gesamtbestandsuntersuchung oder durch vier zu wiederholende Stichprobenuntersuchungen erfolgen.
Bei der Gesamtbestandsuntersuchung sind alle über 24 Monate alten weiblichen Rinder in die Untersuchung einzubeziehen.
In Anbetracht der bis zum Erlass eines Impfverbotes am 01. April 2021 hohen Impfdichte in Sachsen dürfte die Gesamtbestandsuntersuchung nur in solchen Betrieben als Methode der Wahl in Betracht kommen, bei denen nicht aufgrund der Impfung, bekannter früherer Infektionsgeschehen oder des Zukaufs geimpfter Tiere mit serologisch positiven Tieren zu rechnen ist. Für solche Betriebe ist die Stichprobenuntersuchung Methode der Wahl.
Im Rahmen der Stichprobenuntersuchung ist bei der Auswahl der zu untersuchenden Tiere darauf zu achten, dass von diesen grundsätzlich ein negativer Befund zu erwarten ist, z.B. Kühe geboren nach dem April 2021 oder Tiere mit einem bekannten negativen Serologiestatus. Die beprobten Tiere müssen sich seit mindestens 3 Monaten im Betrieb befinden.
Folgende Untersuchungsverfahren können im Rahmen der Stichprobenuntersuchung zur Anwendung kommen
1. Milchviehbetriebe:
a. mit bis zu max. 120 laktierenden Kühen
i. vier Tankmilchproben im vierteljährlichen Abstand oder
ii. vier Stichprobenuntersuchungen aus Einzelmilchproben im vierteljährlichen Abstand, welche die Erkennung einer 20%igen Seroprävalenz in jeder epidemiologischen Einheit mit einer Sicherheit von 95% sicherstellt.
b. Betriebe mit über 120 laktierenden Milchkühen
vier Stichprobenuntersuchungen aus Einzelmilchproben im vierteljährlichen Abstand, welche
• bei 3 der 4 Untersuchungen die Erkennung einer 20%igen Seroprävalenz in jeder epidemiologischen Einheit mit einer Sicherheit von 95% sicherstellt und
• bei einer der 4 Untersuchungen die Erkennung einer 5%igen Seroprävalenz in jeder epidemiologischen Einheit mit einer Sicherheit von 95% gewährleistet.
Die Tankmilchproben können im Rahmen der sächsischen Rohmilchgüteprüfung beim LKV mit nachgenutzt werden oder sind nach nähere Weisung des LÜVA zu entnehmen.
Die Einzelmilchproben sind entweder im Rahmen der GERO - Milchleistungsprüfung durch Sächsischen Landeskontrollverband oder durch den bestandsbetreuenden Tierarzt zu entnehmen. Es ist auf seuchen-hygienisch saubere Entnahme zu achten, um eine etwaige Kontamination der Einzelmilchproben zu verhindern. Alternativ zu den Einzelmilchproben ist die blutserologische Untersuchung möglich (z. B. in Betrieben, die Blutproben im Rahmen der BHV1-Untersuchung entnehmen).
2. In separaten Kälber- und Jungrinderaufzuchten:
In separaten Kälber- und Jungrinderaufzuchten sind mindestens zweimal im Abstand von ca. 6 Monaten Stichprobenuntersuchungen durchzuführen. In den spezialisierten Jungrinderaufzuchtsbetrieben sind alle Rinder älter als 9 Monate untersuchungspflichtig. Der Stichprobenumfang muss die Erkennung einer 20%igen Seroprävalenz mit 95%iger Sicherheit in jeder epidemiologischen Einheit ermöglichen.
3. Mutterkuhbetriebe:
Sofern nicht aufgrund einer im Bestand durchgeführten Impfung, bekannten früheren Infektionsgeschehen oder des Zukaufs geimpfter Tiere mit serologisch positiven Tieren zu rechnen ist, ist die Erhebung des serologischen Herdenstatus als Gesamtbestandsuntersuchung durchzuführen. Untersuchungspflichtig sind gehaltene Rinder älter als 24 Monate. In Betrieben, die nicht für eine Gesamtbestandsuntersuchung geeignet sind, bestimmt das LÜVA ein anderes geeignetes Untersuchungsprogramm in Abstimmung mit dem Rindergesundheitsdienst der Sächsischen Tierseuchenkasse.
4. Mastbetriebe:
Bei reinen Mastbetrieben, welche ihren Bestand mit Tieren aus freien Betrieben aufgebaut haben und die ausschließlich Tiere zur Schlachtung abgeben, sind Untersuchungen zur Erhebung des serologischen Herdenstatus entbehrlich. Hinsichtlich der weiteren Überwachung solcher Bestände, die zukünftig nicht mehr über die Ohrstanze untersuchte Zutreter aus serologisch überwachten Herden beziehen, sind gemäß einer Risikobeurteilung durch das zuständige LÜVA in Abstimmung mit dem Rindergesundheitsdienst der Sächsischen Tierseuchenkasse zu untersuchen.
5. Gemischte Betriebsformen:
In Betrieben, die nicht zu einer Gesamtbestandsuntersuchung geeignet sind, bestimmt das LÜVA ein anderes geeignetes Untersuchungsprogramm in Abstimmung mit dem Rindergesundheitsdienst der Sächsischen Tierseuchenkasse.
Anlage 2:
Serologische BVD Überwachung | |
Milchbetriebe | 4 x jährliche Stichprobe 1 x jährliche Stichprobe von 5% Zielprävalenz / 95% Sicherheit 3 x jährliche Stichprobe von 20% Zielprävalenz / 95% Sicherheit |
Betriebe mit max. 120 laktierenden Milchkühen (potentieller Tankmilchbetrieb) | 4 x jährliche Tankmilchprobe |
4 x jährliche Einzelmilchstichprobe unter Ausschluss bekannt seropositiver Rinder in der Untersuchungsgruppe (im Einzelfall auch blutserologisch) | |
MVA >120 Milchkühe | 4 x jährliche Einzelmilchstichprobe unter Ausschluss bekannter seropositiver Rinder in der Untersuchungsgruppe (im Einzelfall auch blutserologisch) |
gemischte Betriebe mit < 30% laktierende Tiere im Kuhanteil | Stichprobenuntersuchung nach Risikobeurteilung vom LÜVA unter Beachtung des serologisch-negativen BVD-Einzeltierstatus |
Mutterkuhbetriebe | 1 x jährliche Stichprobe von 10% Zielprävalenz / 95% Sicherheit nach Risikobeurteilung vom LÜVA unter Ausschluss bekannt seropositiver Rinder in der Untersuchungsgruppe |
Spezialisierte Jungtieraufzuchten (Fresser- und Färsenaufzuchten) | mittels einer 2x jährlichen innerbetrieblichen Zufallsstichprobe (20% Zielprävalenz/ 95% Sicherheit) |
Mastbetriebe | nach Risikobeurteilung LÜVA |
Die schwarz hervorgehobene Untersuchungsmethode ist für diesen Betriebstyp vorrangig anzuwenden.
Anlage 3:
Stichprobengröße und Berechnung
A. Überwachung Milchbetrieb BVD
- Probe (5% Zielprävalenz / 95% Sicherheit)
Anzahl der gehaltenen Rinder älter als 24 Monate | Stichprobenumfang (Anzahl der zu untersuchenden Rinder älter als 24 Monate) |
1 bis 45 | alle Tiere |
46 bis 100 | 45 Tiere |
101 bis 500 | 55 Tiere |
>500 | 60 Tiere |
- Proben (20% Zielprävalenz/ 95% Sicherheit)
Anzahl der gehaltenen Rinder älter als 24 Monate | Stichprobenumfang (Anzahl der zu untersuchenden Rinder älter als 24 Monate) |
1 bis 9 | alle Tiere |
10 bis 100 | 10 Tiere |
>100 | jeweils 14 Tiere |
Der Abstand zwischen den vier Stichproben zur Überwachung der BVD beträgt 2 - 4 Monate pro Kalenderjahr.
B. Blutserologische Überwachung andere Rinderhaltungen BVD
- Probe (10% Zielprävalenz / 95% Sicherheit) - Mutterkuhhaltungen
Anzahl gehaltenen Rinder älter als 24 Monate [2] | Stichprobenumfang (Anzahl der zu untersuchenden Rinder älter als 24 Monate [2]) |
1 bis 30 | 15 Tiere |
31 bis 100 | 23 Tiere |
>100 | 29 Tiere |
- Probe (20% Zielprävalenz/ 95% Sicherheit) - Jungrinderaufzuchtbetriebe
Anzahl der Rinder >9 Monate | Stichprobenumfang |
1 bis 9 | alle Tiere |
10 bis 100 | 10 Tiere |
>100 | 14 Tiere |
[1] Amtliche Methode und Falldefinition Bovine Virus Diarrhoe (BVD), 22.12.2022; FLI (https://www.openagrar.de/servlets/MCRFileNodeServlet/openagrar_derivate_00027421/TS8a-Bovine-Virus-Diarrhoe-2022-12-15_bf.pdf)
[2] Sofern der serologische Einzeltierstatus nicht dagegensteht, können auch Rinder ab 12 Monate in den Stichprobenumfang einbezogen werden.