Tierseuchenbekämpfung
[13.09.2023] [25-5133/125/48]
Öffentliche Bekanntmachung der Landesdirektion Sachsen für die Landkreise Görlitz, Bautzen, Meißen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und die Landeshauptstadt Dresden
ASP – Festlegung der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) und weitere Anordnungen in der Fassung vom 19. Juli 2023 - 1. Änderung vom 13. September 2023
Tierseuchenverhütung und -bekämpfung
Afrikanische Schweinepest (ASP)
Hinweis:
Die 1. Änderung der Allgemeinverfügung zur Festlegung der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) und weitere Anordnungen vom 19. Juli 2023 beinhaltet die Aufnahme einer Ausnahmegenehmigung zum Verbot der Auslauf- und Freilandhaltung von Schweinen in Nr. 6a.
Die weiteren Anordnungen der Allgemeinverfügung vom 19. Juli 2023 bleiben unverändert bestehen.
Die Landesdirektion Sachsen erlässt folgende
Auf Grund der Feststellung des Ausbruches der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen im Freistaat Sachsen werden nachstehende Maßnahmen bekannt gegeben und verfügt:
Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) hat seine Risikobewertung zu den Risiken und dem Verbot der Auslauf- und Freilandhaltung von Schweinen am 10.08.2023 angepasst und am 15.08.2023 veröffentlicht. Es soll nun grundsätzlich möglich sein, im Ausnahmefall die Auslauf- und Freilandhaltung von Schweinen in ASP-Sperrzonen zu erlauben. Wie vom FLI in der o.g. Risikobewertung angekündigt, sollen voraussichtlich im Oktober 2023 entsprechende Leitlinien, erarbeitet von einem Expertenteam bestehend u.a. aus Bund- und Ländervertretern, aus Vertretern der ökologischen Lebensmittelwirtschaft, der niedersächsischen Tierseuchenkasse und dem deutschen Bauernverband, veröffentlicht werden. Diese liegen im Entwurf bereits vor.
Gemäß Art. 64 Abs. 2 lit. a) der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 trifft die zuständige Behörde in der infizierten Zone Risikominimierungsmaßnahmen. Die infizierte Zone entspricht vorliegend der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet), (s.o.).
Nach § 14 d Abs. 4 Nr. 2 Schweinepestverordnung (SchwPestV) sind die Schweine in der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) so abzusondern, dass sie nicht mit Wildschweinen in Berührung kommen können. Dies gilt auch für den Kontakt mit Kadaverteilen. Eine solche Absonderung ist bei Auslauf- und Freilandhaltungen nicht sicher möglich, daher wird die Auslauf- und Freilandhaltung in der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) grundsätzlich untersagt.
Bereits erteilte Genehmigungen für Freilandhaltungen werden gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 SchHaltHygV für die Dauer des Bestehens des Restriktionsgebietes aufgehoben.
Auch die Haltung von Schweinen in Form einer Auslaufhaltung gemäß § 3 SchHaltHygV ist bis auf weiteres verboten, da ein Kontakt der gehaltenen Schweine mit Wildschweinen nicht sicher ausgeschlossen werden kann.
Die gehaltenen Schweine sind aufzustallen.
Die vorliegend getroffenen Anordnungen für die Schweinehalter in der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) dienen der Vermeidung der Einschleppung des Erregers aus der Schwarzwildpopulation in einen Hausschweine haltenden Betrieb. Vorliegend besteht neben dem hohen Risiko der Einschleppung mittels kontaminierter Futtermittel, Kleidung oder Fahrzeuge durch den Personen- und Fahrzeugverkehr insbesondere auch ein hohes Risiko der Einschleppung durch direkten Kontakt mit Wildschweinen.
Der Land- und Fleischwirtschaft entstehen bei einem Ausbruch der ASP in einem Hausschweinebestand aufgrund der weitreichenden Sperrmaßnahmen enorme wirtschaftliche Verluste. Dies ergibt sich auch aus der Risikobewertung des FLI vom 10. August 2023 zur Übertragung von ASP auf Schweine in Auslauf- oder Freilandhaltungen.
Nach der Qualitativen Risikobewertung des FLI zur Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest in Auslauf- und Freilandschweinehaltungen in Deutschland vom 10. August 2023 ergibt sich folgende Einschätzung:
Das Risiko des Eintrages wird bei Einhaltung der Vorgaben der SchHaltHygV sowohl bei Auslauf- als auch bei Freilandhaltungen in der Sperrzone II mit Biosicherheitsmaßnahmen entsprechend der SchHaltHygV als gering eingeschätzt.
Bei in der Sperrzone II gelegenen Freilandhaltungen, die die Vorgaben der SchHaltHygV nicht einhalten, ist das Risiko eines Eintrages als wahrscheinlich einzustufen. Gleiches gilt für Auslaufhaltungen in der Sperrzone II, die die Vorgaben der SchHaltHygV nicht einhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Virus durch Kontakte zu infizierten Wildschweinen, Einschleppung von kontaminiertem Material, kontaminiertem Futter und Arbeitsgeräten oder Personen in den Betrieb eingetragen werden kann. Der Unsicherheitsgrad dieser Einschätzung ist als gering einzustufen, weil entsprechende Erfahrungen aufgrund von Ausbrüchen insbesondere in Kleinhaltungen bestehen.
Bei der Abwägung ist auch der Tierschutz als Staatszielbestimmung zu berücksichtigen. Auslauf- und Freilandhaltung sind besonders tiergerechte Haltungsformen. Durch das Verbot können diese Haltungsformen vorübergehend nicht mehr umgesetzt werden. Jedoch ist auch der Schutz vor der ASP tierschutzrelevant. Bei einer Einschleppung in den Bestand sterben die Tiere entweder an der Seuche oder an den aufgrund der amtlichen Bestätigung der Seuche anzuordnenden Maßnahmen (Tötung aller Tiere in dem betroffenen Betrieb). Auch die Tiere umliegender Betriebe sind dann von Restriktionen betroffen. Dies muss im Interesse der Betriebe und der Tiere so weit wie möglich verhindert werden. Des Weiteren sind hierbei die deutlich erschwerten Bedingungen für die rechtzeitigen Verbringungen von Schweinen zur Schlachtung zu nennen.
Neben dem FLI hat sich auch die Europäische Kommission – Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in ihrem Arbeitsdokument SANTE/7113/2015 – Rev:12 „Strategischer Ansatz zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest für die EU“ geäußert. Auch dort wird unter 2.12 III als Sicherheitskriterium für Freilandhaltungsbetriebe das Verbot der Freilandhaltung angeführt. Freilandbetriebe werden dort als Betriebe, in denen Schweine vorübergehend oder ständig im Freien gehalten werden, definiert.
Aus o. g. Gründen wird gemäß der Risikobewertung in der Sperrzone II auf Grund der Nähe zu Gebieten, in denen ASP bei Wildschweinen vorkommt, grundsätzlich die Aufstallung aller in Auslauf- oder Freilandhaltungen lebenden Schweine vorgegeben (einschließlich der neuen Haltungssonderformen, die Außenauslauf beinhalten).
Auslauf- und Freilandhaltung von Schweinen bleiben damit grundsätzlich verboten.
Die Erteilung einer Ausnahme vom Verbot der Auslauf- und Freilandhaltung ist jedoch nach Einschätzung des FLI gemäß seiner qualitativen Risikobewertung vom 10. August 2023 unter bestimmten Voraussetzungen vertretbar.
Um eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten und damit das Risiko eines ASP-Eintrages auch in Freiland- und Auslaufhaltungen innerhalb der Sperrzonen II als vernachlässigbar einstufen zu können, müssen neben den Anforderungen der SchHaltHygV vor allem weitere Biosicherheitsmaßnahmen eingehalten werden. Das sind zusätzliche Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren.
Die Erteilung von Ausnahmen erfolgt damit auf Basis einer individuellen Einschätzung des betrieblichen Risikos. Diese ist abhängig von den konkreten bereits durchgeführten sowie ggf. ergänzenden betrieblichen Biosicherheitsmaßnahmen und der Lage des Betriebs in der jeweiligen Sperrzone.
Diese Risikobewertung und die Prüfung der Voraussetzungen zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sind für jede Tierhaltung individuell vorzunehmen.
Grundlage der individuellen Einschätzung des betrieblichen Risikos ist der Entwurf der Leitlinien zur Auslauf- und Freilandhaltung von Hausschweinen unter ASP-Bedingungen [1] vom 19. Juli 2023 und nach dessen Veröffentlichung die jeweils geltende Fassung der Leitlinien.
Die Leitlinien zur Auslauf- und Freilandhaltung von Hausschweinen unter ASP-Bedingungen werden von einem Expertenteam, bestehend u.a. aus Bund- und Ländervertretern, aus Vertretern der ökologischen Lebensmittelwirtschaft, der niedersächsischen Tierseuchenkasse und dem deutschen Bauernverband erarbeitet. Sie dienen der praktischen Umsetzung der vorgeschriebenen Biosicherheitsmaßnahmen bei der Auslauf- und Freilandhaltung von Hausschweinen unter besonderer Berücksichtigung der ASP. Sie enthalten zudem spezifische Empfehlungen zur Fortführung dieser Haltungsformen in ASP-Sperrzonen und ergänzen hierbei das EU- und nationale Tiergesundheitsrecht, die Empfehlungen und Leitlinien der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH), der EU-Kommission und Europäischen Behörde für Lebens- und Futtermittelsicherheit (EFSA) sowie die Risikobewertungen des Friedrich- FLI und bieten Orientierungshilfen bei der Entscheidung über die weitere Nutzung von Ausläufen und Freilandhaltungen in ASP-Sperrzonen. Die Leitlinien haben das Ziel, Optionen aufzuzeigen, um Auslauf- bzw. Freilandhaltungen auch in ASP-Sperrzonen zu ermöglichen.
Die kurzzeitige Bezugnahme auf die Entwurfsfassung der Leitlinien ist mit Blick auf Tierschutzaspekte und wirtschaftliche Interessen gerechtfertigt. Hier ist eine gewisse Dringlichkeit gegeben, da in Sachsen seit dem ersten ASP-Fall beim Wildschwein Ende 2020 noch immer ein pauschales Verbot der Auslauf- und Freilandhaltung besteht. Dieses ist zwischenzeitlich nach der aktuellen Risikobewertung des FLI nicht mehr ohne Ausnahmevorbehalt gerechtfertigt. Zudem hat die Leitung der Expertengruppe für die Erstellung der Leitlinien signalisiert, dass keine großen Änderungen des Entwurfs bis zur geplanten Veröffentlichung im Oktober 2023 mehr erwartet werden.
Beantragt werden kann die Ausnahmegenehmigung bei den Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämtern (LÜVA) der Landkreise und Kreisfreien Städte. Deren Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr.3 i. V. m. Abs. 2 des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz (SächsAGTierGesG).
Zu 3. Bekanntmachung, Inkrafttreten
Die Bekanntgabe der Änderung zur Allgemeinverfügung erfolgt auf der Grundlage des § 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG) i. V. m. § 41 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Danach gilt eine Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In der Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag, bestimmt werden (§ 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG). Von dieser Ermächtigung wurde unter Ziffer 3 dieser Allgemeinverfügung Gebrauch gemacht, da die angeordneten Änderungen aus Gründen des Tierwohls keinen Aufschub dulden.
Die Bekanntmachung erfolgt nach § 41 Abs. 4 S. 1 und 2 VwVfG durch die ortsübliche Bekanntmachung des verfügenden Teils. Aufgrund der Eilbedürftigkeit der Regelungen, insbesondere mit Blick auf das Tierwohl, erfolgt die ortsübliche Bekanntmachung als Notbekanntmachung nach Nr. 2a der Bekanntmachung der Landesdirektion Sachsen zur Vereinheitlichung der Form der ortsüblichen Bekanntmachung von Allgemeinverfügungen der Landesdirektion Sachsen (Sächsisches Amtsblatt 2019, Nr. 22, S. 826) auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter Bekanntmachungen, dort „Inneres, Soziales und Gesundheit“ – „Tierseuchenbekämpfung“. Die vollständige Begründung kann ebenfalls auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen und in den oben genannten Dienststellen der Landesdirektion Sachsen zu den üblichen Geschäftszeiten eingesehen werden (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 29. Mai 2018 – 1 KN 53/17 –, Rn. 21, juris). Die Allgemeinverfügung wird nachrichtlich im Sächsischen Amtsblatt wiedergegeben.
Bei der Bekanntgabe durch ortsübliche Bekanntmachung ist zu berücksichtigen, dass vorliegend der Adressatenkreis so groß ist, dass er, bezogen auf Zeit und Zweck der Regelung, vernünftigerweise nicht mehr in Form einer Einzelbekanntgabe angesprochen werden kann. Von einer Anhörung wurde daher auf der Grundlage des § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG abgesehen.
Zu 4. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 des Verwaltungskostengesetzes des Freistaates Sachsen (SächsVwKG).
Gegen diese Änderung der Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch eingelegt werden bei der Landesdirektion Sachsen, Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz, oder den Dienststellen der Landesdirektion Sachsen in Dresden, Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden, oder in Leipzig, Braustraße 2, 04107 Leipzig. Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden durch Versendung eines elektronischen Dokuments mit der Versandart nach § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes. Die Adressen und die technischen Anforderungen für die Übermittlung elektronischer Dokumente sind über die Internetseite www.lds.sachsen.de/kontakt abrufbar.
Dresden, den 13. September 2023
Die 1. Änderung der Allgemeinverfügung zur Festlegung der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) und weitere Anordnungen vom 19. Juli 2023 beinhaltet die Aufnahme einer Ausnahmegenehmigung zum Verbot der Auslauf- und Freilandhaltung von Schweinen in Nr. 6a.
Die weiteren Anordnungen der Allgemeinverfügung vom 19. Juli 2023 bleiben unverändert bestehen.
Die Landesdirektion Sachsen erlässt folgende
1. Änderung der Allgemeinverfügung
vom 19. Juli 2023
zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP)
Festlegung der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) und weitere
Anordnungen
vom 19. Juli 2023
zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP)
Festlegung der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) und weitere
Anordnungen
Auf Grund der Feststellung des Ausbruches der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen im Freistaat Sachsen werden nachstehende Maßnahmen bekannt gegeben und verfügt:
- Nr. 6a der Allgemeinverfügung vom 19. Juli 2023 zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) Festlegung der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) und weitere Anordnungen (Gz. 25-5133/125/48) zum Verbot der Auslauf- und Freilandhaltung von Schweinen wird wie folgt geändert:
- In der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) sind Auslauf- und Freilandhaltung von Schweinen verboten. Auf Antrag des Tierhalters können durch das örtlich zuständige Landratsamt / die Landeshauptstadt Dresden Ausnahmen von diesem Verbot gewährt werden. Die Ausnahmegenehmigung ist an folgende Bedingungen gebunden:
- Die Anforderungen der Schweinehaltungshygieneverordnung (SchHaltHygV) werden eingehalten.
- Das örtlich zuständige Landratsamt / die Landeshauptstadt Dresden hat eine Einschätzung des individuellen betrieblichen Risikos vorgenommen.
- Auf Basis der Einschätzung des individuellen betrieblichen Risikos angeordnete weitere Biosicherheitsmaßnahmen werden eingehalten.
- Die weiteren Regelungen der Allgemeinverfügung der Landesdirektion Sachsen vom 19. Juli 2023 zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) Festlegung der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) und weitere Anordnungen (Gz. 25-5133/125/48) bleiben unberührt.
- Diese Änderung zur Allgemeinverfügung wird als Notbekanntmachung auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter: http://www.lds.sachsen.de/Bekanntmachung verkündet und tritt am Tage nach ihrer Bekanntgabe in Kraft.
Der vollständige Inhalt der Allgemeinverfügung kann neben der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter http://www.lds.sachsen.de/Bekanntmachung auch zu den Geschäftszeiten in der
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Dresden,
Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Leipzig,
Braustraße 2, 04107 Leipzig,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Chemnitz,
Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz
eingesehen werden.
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Dresden,
Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Leipzig,
Braustraße 2, 04107 Leipzig,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Chemnitz,
Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz
eingesehen werden.
- Für diese Allgemeinverfügung werden keine Kosten erhoben.
Begründung
I. Sachverhalt
I. Sachverhalt
Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) hat seine Risikobewertung zu den Risiken und dem Verbot der Auslauf- und Freilandhaltung von Schweinen am 10.08.2023 angepasst und am 15.08.2023 veröffentlicht. Es soll nun grundsätzlich möglich sein, im Ausnahmefall die Auslauf- und Freilandhaltung von Schweinen in ASP-Sperrzonen zu erlauben. Wie vom FLI in der o.g. Risikobewertung angekündigt, sollen voraussichtlich im Oktober 2023 entsprechende Leitlinien, erarbeitet von einem Expertenteam bestehend u.a. aus Bund- und Ländervertretern, aus Vertretern der ökologischen Lebensmittelwirtschaft, der niedersächsischen Tierseuchenkasse und dem deutschen Bauernverband, veröffentlicht werden. Diese liegen im Entwurf bereits vor.
II. Rechtliche Würdigung
Gemäß Art. 64 Abs. 2 lit. a) der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 trifft die zuständige Behörde in der infizierten Zone Risikominimierungsmaßnahmen. Die infizierte Zone entspricht vorliegend der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet), (s.o.).
Nach § 14 d Abs. 4 Nr. 2 Schweinepestverordnung (SchwPestV) sind die Schweine in der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) so abzusondern, dass sie nicht mit Wildschweinen in Berührung kommen können. Dies gilt auch für den Kontakt mit Kadaverteilen. Eine solche Absonderung ist bei Auslauf- und Freilandhaltungen nicht sicher möglich, daher wird die Auslauf- und Freilandhaltung in der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) grundsätzlich untersagt.
Bereits erteilte Genehmigungen für Freilandhaltungen werden gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 SchHaltHygV für die Dauer des Bestehens des Restriktionsgebietes aufgehoben.
Auch die Haltung von Schweinen in Form einer Auslaufhaltung gemäß § 3 SchHaltHygV ist bis auf weiteres verboten, da ein Kontakt der gehaltenen Schweine mit Wildschweinen nicht sicher ausgeschlossen werden kann.
Die gehaltenen Schweine sind aufzustallen.
Die vorliegend getroffenen Anordnungen für die Schweinehalter in der Sperrzone II (gefährdetes Gebiet) dienen der Vermeidung der Einschleppung des Erregers aus der Schwarzwildpopulation in einen Hausschweine haltenden Betrieb. Vorliegend besteht neben dem hohen Risiko der Einschleppung mittels kontaminierter Futtermittel, Kleidung oder Fahrzeuge durch den Personen- und Fahrzeugverkehr insbesondere auch ein hohes Risiko der Einschleppung durch direkten Kontakt mit Wildschweinen.
Der Land- und Fleischwirtschaft entstehen bei einem Ausbruch der ASP in einem Hausschweinebestand aufgrund der weitreichenden Sperrmaßnahmen enorme wirtschaftliche Verluste. Dies ergibt sich auch aus der Risikobewertung des FLI vom 10. August 2023 zur Übertragung von ASP auf Schweine in Auslauf- oder Freilandhaltungen.
Nach der Qualitativen Risikobewertung des FLI zur Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest in Auslauf- und Freilandschweinehaltungen in Deutschland vom 10. August 2023 ergibt sich folgende Einschätzung:
Das Risiko des Eintrages wird bei Einhaltung der Vorgaben der SchHaltHygV sowohl bei Auslauf- als auch bei Freilandhaltungen in der Sperrzone II mit Biosicherheitsmaßnahmen entsprechend der SchHaltHygV als gering eingeschätzt.
Bei in der Sperrzone II gelegenen Freilandhaltungen, die die Vorgaben der SchHaltHygV nicht einhalten, ist das Risiko eines Eintrages als wahrscheinlich einzustufen. Gleiches gilt für Auslaufhaltungen in der Sperrzone II, die die Vorgaben der SchHaltHygV nicht einhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Virus durch Kontakte zu infizierten Wildschweinen, Einschleppung von kontaminiertem Material, kontaminiertem Futter und Arbeitsgeräten oder Personen in den Betrieb eingetragen werden kann. Der Unsicherheitsgrad dieser Einschätzung ist als gering einzustufen, weil entsprechende Erfahrungen aufgrund von Ausbrüchen insbesondere in Kleinhaltungen bestehen.
Bei der Abwägung ist auch der Tierschutz als Staatszielbestimmung zu berücksichtigen. Auslauf- und Freilandhaltung sind besonders tiergerechte Haltungsformen. Durch das Verbot können diese Haltungsformen vorübergehend nicht mehr umgesetzt werden. Jedoch ist auch der Schutz vor der ASP tierschutzrelevant. Bei einer Einschleppung in den Bestand sterben die Tiere entweder an der Seuche oder an den aufgrund der amtlichen Bestätigung der Seuche anzuordnenden Maßnahmen (Tötung aller Tiere in dem betroffenen Betrieb). Auch die Tiere umliegender Betriebe sind dann von Restriktionen betroffen. Dies muss im Interesse der Betriebe und der Tiere so weit wie möglich verhindert werden. Des Weiteren sind hierbei die deutlich erschwerten Bedingungen für die rechtzeitigen Verbringungen von Schweinen zur Schlachtung zu nennen.
Neben dem FLI hat sich auch die Europäische Kommission – Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in ihrem Arbeitsdokument SANTE/7113/2015 – Rev:12 „Strategischer Ansatz zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest für die EU“ geäußert. Auch dort wird unter 2.12 III als Sicherheitskriterium für Freilandhaltungsbetriebe das Verbot der Freilandhaltung angeführt. Freilandbetriebe werden dort als Betriebe, in denen Schweine vorübergehend oder ständig im Freien gehalten werden, definiert.
Aus o. g. Gründen wird gemäß der Risikobewertung in der Sperrzone II auf Grund der Nähe zu Gebieten, in denen ASP bei Wildschweinen vorkommt, grundsätzlich die Aufstallung aller in Auslauf- oder Freilandhaltungen lebenden Schweine vorgegeben (einschließlich der neuen Haltungssonderformen, die Außenauslauf beinhalten).
Auslauf- und Freilandhaltung von Schweinen bleiben damit grundsätzlich verboten.
Die Erteilung einer Ausnahme vom Verbot der Auslauf- und Freilandhaltung ist jedoch nach Einschätzung des FLI gemäß seiner qualitativen Risikobewertung vom 10. August 2023 unter bestimmten Voraussetzungen vertretbar.
Um eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten und damit das Risiko eines ASP-Eintrages auch in Freiland- und Auslaufhaltungen innerhalb der Sperrzonen II als vernachlässigbar einstufen zu können, müssen neben den Anforderungen der SchHaltHygV vor allem weitere Biosicherheitsmaßnahmen eingehalten werden. Das sind zusätzliche Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren.
Die Erteilung von Ausnahmen erfolgt damit auf Basis einer individuellen Einschätzung des betrieblichen Risikos. Diese ist abhängig von den konkreten bereits durchgeführten sowie ggf. ergänzenden betrieblichen Biosicherheitsmaßnahmen und der Lage des Betriebs in der jeweiligen Sperrzone.
Diese Risikobewertung und die Prüfung der Voraussetzungen zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sind für jede Tierhaltung individuell vorzunehmen.
Grundlage der individuellen Einschätzung des betrieblichen Risikos ist der Entwurf der Leitlinien zur Auslauf- und Freilandhaltung von Hausschweinen unter ASP-Bedingungen [1] vom 19. Juli 2023 und nach dessen Veröffentlichung die jeweils geltende Fassung der Leitlinien.
Die Leitlinien zur Auslauf- und Freilandhaltung von Hausschweinen unter ASP-Bedingungen werden von einem Expertenteam, bestehend u.a. aus Bund- und Ländervertretern, aus Vertretern der ökologischen Lebensmittelwirtschaft, der niedersächsischen Tierseuchenkasse und dem deutschen Bauernverband erarbeitet. Sie dienen der praktischen Umsetzung der vorgeschriebenen Biosicherheitsmaßnahmen bei der Auslauf- und Freilandhaltung von Hausschweinen unter besonderer Berücksichtigung der ASP. Sie enthalten zudem spezifische Empfehlungen zur Fortführung dieser Haltungsformen in ASP-Sperrzonen und ergänzen hierbei das EU- und nationale Tiergesundheitsrecht, die Empfehlungen und Leitlinien der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH), der EU-Kommission und Europäischen Behörde für Lebens- und Futtermittelsicherheit (EFSA) sowie die Risikobewertungen des Friedrich- FLI und bieten Orientierungshilfen bei der Entscheidung über die weitere Nutzung von Ausläufen und Freilandhaltungen in ASP-Sperrzonen. Die Leitlinien haben das Ziel, Optionen aufzuzeigen, um Auslauf- bzw. Freilandhaltungen auch in ASP-Sperrzonen zu ermöglichen.
Die kurzzeitige Bezugnahme auf die Entwurfsfassung der Leitlinien ist mit Blick auf Tierschutzaspekte und wirtschaftliche Interessen gerechtfertigt. Hier ist eine gewisse Dringlichkeit gegeben, da in Sachsen seit dem ersten ASP-Fall beim Wildschwein Ende 2020 noch immer ein pauschales Verbot der Auslauf- und Freilandhaltung besteht. Dieses ist zwischenzeitlich nach der aktuellen Risikobewertung des FLI nicht mehr ohne Ausnahmevorbehalt gerechtfertigt. Zudem hat die Leitung der Expertengruppe für die Erstellung der Leitlinien signalisiert, dass keine großen Änderungen des Entwurfs bis zur geplanten Veröffentlichung im Oktober 2023 mehr erwartet werden.
Beantragt werden kann die Ausnahmegenehmigung bei den Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämtern (LÜVA) der Landkreise und Kreisfreien Städte. Deren Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr.3 i. V. m. Abs. 2 des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz (SächsAGTierGesG).
Zu 3. Bekanntmachung, Inkrafttreten
Die Bekanntgabe der Änderung zur Allgemeinverfügung erfolgt auf der Grundlage des § 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG) i. V. m. § 41 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Danach gilt eine Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In der Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag, bestimmt werden (§ 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG). Von dieser Ermächtigung wurde unter Ziffer 3 dieser Allgemeinverfügung Gebrauch gemacht, da die angeordneten Änderungen aus Gründen des Tierwohls keinen Aufschub dulden.
Die Bekanntmachung erfolgt nach § 41 Abs. 4 S. 1 und 2 VwVfG durch die ortsübliche Bekanntmachung des verfügenden Teils. Aufgrund der Eilbedürftigkeit der Regelungen, insbesondere mit Blick auf das Tierwohl, erfolgt die ortsübliche Bekanntmachung als Notbekanntmachung nach Nr. 2a der Bekanntmachung der Landesdirektion Sachsen zur Vereinheitlichung der Form der ortsüblichen Bekanntmachung von Allgemeinverfügungen der Landesdirektion Sachsen (Sächsisches Amtsblatt 2019, Nr. 22, S. 826) auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter Bekanntmachungen, dort „Inneres, Soziales und Gesundheit“ – „Tierseuchenbekämpfung“. Die vollständige Begründung kann ebenfalls auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen und in den oben genannten Dienststellen der Landesdirektion Sachsen zu den üblichen Geschäftszeiten eingesehen werden (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 29. Mai 2018 – 1 KN 53/17 –, Rn. 21, juris). Die Allgemeinverfügung wird nachrichtlich im Sächsischen Amtsblatt wiedergegeben.
Bei der Bekanntgabe durch ortsübliche Bekanntmachung ist zu berücksichtigen, dass vorliegend der Adressatenkreis so groß ist, dass er, bezogen auf Zeit und Zweck der Regelung, vernünftigerweise nicht mehr in Form einer Einzelbekanntgabe angesprochen werden kann. Von einer Anhörung wurde daher auf der Grundlage des § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG abgesehen.
Zu 4. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 des Verwaltungskostengesetzes des Freistaates Sachsen (SächsVwKG).
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Änderung der Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch eingelegt werden bei der Landesdirektion Sachsen, Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz, oder den Dienststellen der Landesdirektion Sachsen in Dresden, Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden, oder in Leipzig, Braustraße 2, 04107 Leipzig. Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden durch Versendung eines elektronischen Dokuments mit der Versandart nach § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes. Die Adressen und die technischen Anforderungen für die Übermittlung elektronischer Dokumente sind über die Internetseite www.lds.sachsen.de/kontakt abrufbar.
Dresden, den 13. September 2023
Landesdirektion Sachsen
Dr. Michael Richter
Referatsleiter Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung
Dr. Michael Richter
Referatsleiter Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung
[1] Der Entwurf der Leitlinien zur Auslauf- und Freilandhaltung von Hausschweinen unter ASP-Bedingungen des FLI zur Übertragung von ASP auf Schweine in Auslauf- oder Freilandhaltungen wird den zuständigen Landkreisen und kreisfreien Städten zur Verfügung gestellt.