Tierseuchenbekämpfung
[13.07.2023] [25-5133/70/14]
Öffentliche Bekanntmachung der Landesdirektion Sachsen an alle Rinderhalter im Freistaat Sachsen
Tierseuchenverhütung und -bekämpfung
Überwachung der Aufrechterhaltung des Status "frei von Boviner Virus Diarrhoe (BVD)"/
Umstellung auf die serologische Überwachung der sächsischen Rinderbestände – Phase 1
vom 30. Juni 2023
Die Landesdirektion Sachsen erlässt folgende
Allgemeinverfügung
Zur Überwachung der Aufrechterhaltung des Status „frei von Boviner Virus-Diarrhoe (BVD)“ werden auf Grundlage der Verordnung (EU) 2016/429 (AHL) sowie der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 in den derzeit gültigen Fassungen nachstehende Maßnahmen bekannt gegeben und verfügt:
- Grundsätzlich sind alle neugeborenen Kälber nicht später als 20 Tage nach der Geburt (post partum) mittels Ohrstanzprobe virologisch auf BVDV zu untersuchen.
- Die Untersuchung gemäß Ziffer 1 kann, nach Vorliegen der Voraussetzung im Sinne dieser Allgemeinverfügung, durch eine serologische Überwachung nach Ziffer 5 ersetzt werden.
- Tragende Rinder aus BVD-freien Betrieben eines nicht BVD-freien Mitgliedstaates oder nicht BVD-freien Zone müssen vor der Einstallung in einen sächsischen Rinderhaltungsbetrieb in Abhängigkeit von dem Stadium der Trächtigkeit zusätzlich individuell getestet werden:
3.1 sofern das Rind mindestens 150 Tage trächtig ist, mit einem negativen Ergebnis auf BVDV-Antikörper. Der Untersuchungsbefund darf nicht älter als 10 Arbeitstage sein.
oder
3.2 sofern das Rind weniger als 150 Tage trächtig ist, muss es aus einem Betrieb stammen, in dem serologische Tests zum Nachweis von BVDV-Antikörpern mit negativem Ergebnis innerhalb der letzten vier Monate an mindestens fünf Tieren jeder Gruppe durchgeführt wurden, mit denen das trächtige Rind gemeinsam gehalten wurde.
3.3 In begründeten Einzelfällen kann das örtlich zuständige Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt (LÜVA) abweichende Regelungen von 3.2 genehmigen.
3.3 In begründeten Einzelfällen kann das örtlich zuständige Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt (LÜVA) abweichende Regelungen von 3.2 genehmigen.
- Jedes neu einzustallende tragende Rind aus einem nicht BVD-freien Betrieb muss vor der Versendung in einen sächsischen Rinderhaltungsbetrieb
4.1 mindestens einer 21-tägigen Quarantäne unterzogen und zusätzlich nach 21 Tagen Quarantäne negativ auf BVD-Antikörper getestet sein
oder
oder
4.2 negativ auf BVD-Virus oder –Genom und zusätzlich in einem Zeitraum von maximal 4 Wochen vor der zu aktuellen Trächtigkeit führenden Besamung/Belegung positiv auf BVD-Antikörper getestet sein.
- Betriebe, die auf eine serologische Überwachung des Status „seuchenfrei in Bezug auf BVD“ umsteigen wollen, müssen vorab einen serologischen Herdenstatus erheben. Dazu hat eine Anzeige beim zuständigen LÜVA zu erfolgen, welches das weitere Verfahren nach Anlage 1 regelt.
- Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 – 5 wird angeordnet.
- Die Überwachung der Anordnung obliegt den LÜVÄ im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit.
- Diese Allgemeinverfügung wird durch öffentliche Bekanntmachung verkündet und tritt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung in Kraft.
Der vollständige Inhalt der Allgemeinverfügung kann auf der Internetseite der Landesdirektion Sachsen unter http://www.lds.sachsen.de und zu den Geschäftszeiten in der
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Dresden,
Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Leipzig,
Braustraße 2, 04107 Leipzig,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Chemnitz,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Leipzig,
Braustraße 2, 04107 Leipzig,
Dienststelle der Landesdirektion Sachsen in Chemnitz,
Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz
eingesehen werden.
- Für diese Allgemeinverfügung werden keine Kosten erhoben.
Hinweise:
- Die Kosten für die Untersuchungen an der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen werden gemäß § 29 Nummer 1 des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz (SächsAGTierGesG) vom Freistaat Sachsen getragen.
- Die sonstigen Kosten (Probenahme, Ohrstanzen usw.) sind gemäß § 33 Absatz 2 SächsAGTierGesG vom Tierhalter zu tragen, sofern sie nicht im Rahmen des Beihilfe- und Leistungsverzeichnis der Sächsischen Tierseuchenkasse in der jeweils aktuellen Fassung von der Tierseuchenkasse übernommen werden.
- Das zuständige LÜVA regelt auf Anzeige des Rinderhalters unter Beachtung der epidemiologischen Situation das diesbezügliche betriebsspezifische Verfahren. Eine Übersicht der möglichen Untersuchungsvarianten zur Erhebung des serologischen Herdenstatus ist in der beigefügten Anlage wiedergegeben.
- Das zuständige LÜVA regelt nach Maßgabe der Vorgaben des Erlasses des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SMS) vom 15.05.2023, welche Herden von der virologischen Überwachung mittels Ohrstanze zu einer Überwachung des Herdenstatus „seuchenfrei in Bezug auf BVD“ mittels serologischer Untersuchungsverfahren (Phase 2) frühestens nach einem Jahr und Erhebung des serologischen Herdenstatus wechseln können.
Begründung:
I. Sachverhalt:
Die BVD-Infektion ist eine anzeigepflichtige Tierseuche der Rinder. Sie wird in Deutschland seit dem 1. Januar 2011 staatlich bekämpft. Seitdem ist ein kontinuierlicher Rückgang der Zahl der BVDV-infizierten Bestände zu verzeichnen. Mit dem neuen EU-Tiergesundheitsrecht wird die Bekämpfung der BVD seit 2021 erstmalig auf EU-Ebene geregelt. Es handelt sich gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 um eine gelistete Tierseuche der Kategorien C, D und E. Die Tilgung der Tierseuche BVD wurde in Sachsen erfolgreich abgeschlossen. Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2022/214 wurde der Freistaat Sachsen in die Liste in Anhang VII Teil I Durchführungsverordnung (EU) 2021/620 aufgenommen. Damit erfolgte die Anerkennung des Status „frei von Boviner Virus Diarrhoe“. Dieser Status gewährleistet für sächsische Rinderbestände den notwendigen Schutz vor BVD-Neuinfektionen beim Viehverkehr. Rinder, welche in sächsische Betriebe verbracht werden sollen, müssen verpflichtende Zusatzgarantien hinsichtlich der BVD-Infektion erfüllen. So besteht in Zonen mit dem Status „frei von BVD“ ein grundsätzliches Impfverbot (vgl. Allgemeinverfügung der Landesdirektion Sachsen zum Impfverbot für Rinder zur Erlangung des Status „frei von BVD in Bezug auf gehaltene Rinder“ vom 25.02.2021; AZ:25-5133/70/10) und BVD-freie Betriebe in einer BVD-freien Zone (Land oder Landkreis) dürfen keine geimpften Tiere einstallen.
Die Anforderungen für die Aufrechterhaltung des Status "seuchenfrei" ergeben sich aus Artikel 41 der Verordnung (EU) 2016/429 (AHL) sowie Artikel 81 i. V. m. Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitt 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689. Damit hat die EU die Mindestzielprävalenzrate und das Konfidenzniveau für diese Tierseuche festgelegt, um eine frühzeitige Detektion eines etwaigen Eintrages der BVD mit einer gezielten Überwachung zu ermöglichen.
Die in der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 niedergelegten Vorgaben zu Untersuchungen für den Statuserhalt stellen einen Minimalkonsens der EU-Mitgliedsstaaten dar. Länderspezifische Regelungen, die über die EU-Vorgaben hinausgehen, sind möglich. Auf der Grundlage von Analysen des Seuchenprofils, der betroffenen Risikofaktoren und des Gesundheitszustands im Freistaat Sachsen war gemäß Artikel 27 der Verordnung (EU) 2016/429 (AHL) über die für diese Früherkennung erforderlichen Überwachungsmaßnahmen zu entscheiden. Diese sollen ein ausreichend hohes Niveau der Überwachung gewährleisten und in Bezug auf eine möglichst frühzeitige Erkennung der Seuche gleichzeitig verhältnismäßig sein.
Als Grundlage des BVD-Überwachungskonzepts des Freistaates Sachsen dient das von der Bund-Länder-Unterarbeitsgruppe „Serologie“ unter Federführung des FLI erarbeitete und vom BMEL versandte Konzeptpapier mit Vorschlägen zur zukünftigen Überwachung zur Aufrechterhaltung des Status „frei von BVD“.
Die Tilgung von persistent infizierten Tieren (PI-Tieren) und das in BVD-freien Gebieten geltende Impfverbot führen sukzessive zu einer antikörperfreien Rinderpopulation, die perspektivisch eine auf serologische Untersuchungsverfahren basierende Überwachung ermöglicht und damit den bisherigen Überwachungsansatz durch virologische Untersuchungen aller neugeborenen Kälbern mittels Ohrstanze ablösen kann.
In Sachsen wird eine solche Umstellung durch die derzeit noch hohe Anzahl an geimpften Rindern und die fehlende einzeltierbezogene Dokumentation der Impfungen in der HI-Tier-Datenbank beeinträchtigt.
Auf betrieblicher Ebene wird das Überwachungskonzept aus diesen Gründen in zwei Phasen umgestellt werden.
In der ersten Phase wird im Grundsatz zunächst an der Fortführung der virologischen Untersuchung aller neugeborener Kälber vorzugsweise mittels Ohrstanze festgehalten. Rinder haltende Betriebe können freiwillig den serologischen Herdenstatus durch das vom zuständigen LÜVA festgelegte Untersuchungsverfahren ermitteln. Voraussetzung für die Umstellung auf eine ausschließlich auf serologischen Untersuchungen basierte Überwachung in der zweiten Phase ist ein in der ersten Phase erlangter „stabil negativer“ Herdenstatus.
II. Rechtliche Würdigung:
Die Landesdirektion Sachsen ist örtlich und sachlich zuständig, gemäß § 1 Abs. 2 i. V. m. Abs. 5 S. 1 des SächsAGTierGesG.
Gemäß Artikel 27 der Verordnung (EU) 2016/429 (AHL) haben die Mitgliedstaaten auf der Grundlage von Analysen des Seuchenprofils, der betroffenen Risikofaktoren und des Gesundheitszustands in einer seuchenfreien Zone über die für die Früherkennung erforderlichen Überwachungsmaßnahmen zu entscheiden. Die Anforderungen für die Aufrechterhaltung des Status "seuchenfrei" für BVD ergeben sich aus Artikel 41 der Verordnung (EU) 2016/429 (AHL) sowie Artikel 81 i. V. m. Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitt 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689.
Der Vollzug der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Tiergesundheitsrechtes liegt grundsätzlich in der Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte. Aufgrund der grundlegenden Bedeutung der Bekämpfung der BVD und der kreisübergreifenden Lage übernimmt die Landesdirektion Sachsen die Aufgaben der LÜVÄ der Landkreise und Kreisfreien Städte aus § 1 Abs. 2 SächsAGTierGesG. Die Übernahme der Aufgaben beschränkt sich vorliegend auf die Festlegung von einheitlichen Maßnahmen zur Früherkennung der BVD und den Vorgaben zur Überwachung der Aufrechterhaltung des Status "frei von Boviner Virus Diarrhoe (BVD)" in der Phase 1 der Umstellung auf die serologische Überwachung der sächsischen Rinderbestände, da diese Aufgaben sachgerecht nur einheitlich wahrgenommen werden können.
Zu 1.
Gemäß Artikel 81 Absatz 3 Buchstabe f i. V. m. Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitt 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 und Anhang IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitt 2 Nr. 1 Buchstabe c, i der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 ist jedes neugeborene Kalb spätestens am 20. Lebenstag virologisch zu beproben. Durch die Untersuchung jeden Tieres soll sichergestellt werden, dass kein Virus im Bestand zirkuliert, und v.a. persistent infizierte Tiere (Pl) unverzüglich erkannt werden. Diese stellen das Hauptreservoir des Virus dar und scheiden große Mengen des Virus über Urin, Kot, Ausscheidungen, Milch und Samen aus. Das Virus verbreitet sich hauptsächlich durch engen Kontakt zwischen PI-Tieren und anderen Rindern. Da die Ohrstanzuntersuchung auf die Untersuchung einer kompletten Alterskohorte (neugeborene Kälber) abzielt, wird der zeitliche Rahmen bis zur Entdeckung eines Neueintrages des Virus in einen Rinderbestand und damit der Beginn der Bekämpfung erheblich reduziert. Somit ist grundsätzlich eine schnelle Wiedertilgungszeit gewährleistet. Gleichzeitig ist die vollständige und fristgerechte Untersuchung weiter erforderlich, um in der Übergangsphase der Umstellung auf die serologische Überwachung (Phase 1) sicher und zuverlässig einen Viruseintrag frühzeitig erkennen zu können. Der diagnostische Nachweis von persistent BVDV-infizierten Rindern kann jedoch durch die Aufnahme von BVDV antikörperhaltigem Kolostrum beeinträchtigt sein (diagnostische Lücke). Die Einschränkungen hängen von den aufgenommenen Antikörpermengen, der angewendeten Methode sowie vom Zeitpunkt der Probenahme ab. So ist eine sichere Diagnose bei der blutvirologischen Untersuchung, insbesondere in den ersten acht bis zwölf Lebenswochen nicht bzw. nur bei der korrekten Auswahl der geeigneten Diagnosemethode möglich. Als sicheres und zugelassenes Verfahren, d. h. ohne das Phänomen der diagnostischen Lücke, gilt die RT-PCR von Hautbioptaten (Ohrstanzproben)[1]. Mit der Anordnung unter Ziffer 1 dieses Bescheides wird den Empfehlungen des Konzeptpapiers der Bund-Länder-Unterarbeitsgruppe „Serologie“ unter Federführung des FLI Rechnung getragen. Darüber hinaus ist die Ohrstanzdiagnostik ein einfaches, in Sachsen bisher fest implementiertes Verfahren gemäß den Vorgaben der FLI-Methodensammlung[1]. In begründeten Ausnahmefällen kann der betreuende Tierarzt eine andere Probenmatrix zur virologischen Untersuchung unter Berücksichtigung der Ausführungen der FLI-Methodensammlung1 auf BVDV wählen.
Zu 2.
Gemäß Artikel 81 Absatz 3 Buchstabe f i. V. m. Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitt 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 und Anhang IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitt 2 Nr. 1 Buchstabe c, ii der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 sind alternativ auch serologische Tests zum Nachweis von Antikörpern gegen BVDV zur Aufrechterhaltung des Status „frei von BVD“ geeignet.
Für die Umstellung der virologischen auf die serologische Überwachung wurde für den Freistaat Sachsen ein BVD-Überwachungskonzept erstellt, das auf dem vom FLI erarbeiteten und vom BMEL versandten Konzeptpapier beruht.
Voraussetzung für die Umstellung auf eine ausschließlich auf serologische Untersuchungen basierte Überwachung in der zweiten Phase ist ein in der ersten Phase erlangter „stabil negativer“ Herdenstatus. Mit dieser einjährigen Umstellungsphase, wird sichergestellt, dass mit dem betriebsspezifischen serologischen Untersuchungsregime ein stabiler negativer Herdenstatus ermittelt wird. Nach Wegfall der virologischen Ohrstanzdiagnostik, führt jeder positiver serologische Untersuchungsbefund zu einem Seuchenverdacht. Um dies zu vermeiden, sind die Maßnahmen nach Ziffer 5 festzulegen.
Zu 3. und 4.
Bezüglich der BVD sind die unionsrechtlichen Vorgaben für das Verbringen von Rindern in andere Mitgliedstaaten oder in Zonen derselben mit dem Status „frei von der Bovinen Virus Diarrhoe“ in Artikel 11 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/688 abschließend geregelt. Demnach dürfen Rinder ohne besondere Untersuchung nur aus freien Betrieben in freie Zonen verbracht werden. Für alle anderen Fälle ist die Einhaltung besonderer Bedingungen bzw. die Durchführung gesonderter Untersuchungen erforderlich.
In Ziffer 3 und 4 des Tenors wird insbesondere das Verbringen tragender Tiere reglementiert, da aufgrund der biologischen Besonderheiten der Erkrankung eine Ansteckung der Mutter in der Trächtigkeit zu einer intrauterin nicht nachweisbaren Infektion des Kalbes führen kann. Solche infiziert geborenen Kälber sind je nach Infektionszeitpunkt in-utero persistent infiziert (PI-Tiere) und als solche die potentesten Ansteckungsquellen, da diese Tiere hochgradig BVD-Virus mit allen Se- und Exkreten nach ihrer Geburt ausscheiden. Serologiebasierte Untersuchungsverfahren detektieren einen ggf. stattfindenden Ersteintrag in eine Herde über ein zugekauftes trächtiges serokonvertiertes Tier eher als die virologische Untersuchung über die Ohrstanzdiagnostik des noch in-utero befindlichen PI-Tieres nach seiner Geburt. Zum Schutz der BVDV-freien Bestände in Sachsen, die hochempfänglich für einen BVD-Viruseintrag sind, ist es daher notwendig, dass durch gezielte individuelle Untersuchungen von tragenden Tieren vor der Verbringung oder Besamung, gegebenenfalls in Verbindung mit Quarantänemaßnahmen, ein BVD-Virus-Eintrag verhindert wird. Die hier angeordneten Maßnahmen basieren auf den Regelungen der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689.
Auf der Basis der Festlegungen nach Ziffer 3 ist es mit vertretbarem Aufwand und angemessener Sicherheit möglich, die Übertragung von BVDV im Zielbetrieb auszuschließen, ohne die Tiere quarantänisieren zu müssen. Die Regelungen entsprechen dabei den Anforderungen gemäß Anhang IV, Teil VI, Kapitel 1 Abschnitt 1 Nummer 1 Buchstabe c, ii, 2. Tiret der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/689.
Die Maßnahmen in Ziffer 4 beruhen auf den gesetzlichen Vorgaben nach Anhang IV, Teil VI, Kapitel 1 Abschnitt 1 Nummer 1 Buchstabe c, iii der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2020/689, welche unmittelbar rechtlich geltend ist.
Zu 5.
Die Tilgung von persistent infizierten Tieren (PI-Tieren) und das in Sachsen als BVD-freies Gebiet geltende Impfverbot führen sukzessive zu einer antikörperfreien Rinderpopulation, die perspektivisch eine auf serologische Untersuchungsverfahren basierende Überwachung ermöglicht und damit den bisherigen Überwachungsansatz durch virologische Untersuchungen aller neugeborenen Kälbern mittels Ohrstanze ablösen kann. Da sich in Sachsen derzeit allerdings noch eine hohe Anzahl an geimpften Rindern befindet und es darüber hinaus an einer einzeltierbezogenen Dokumentation der Impfungen in der HI-Tier-Datenbank fehlt, ist es vor Umstellung auf eine stichprobenartige serologische Überwachung notwendig, zunächst den serologischen Betriebsstatus festzustellen. Nur so können eventuell falsch-positive Ergebnisse infolge des Vorhandenseins von BVD-(Impf-)Antikörpern in der serologischen Überwachung von vornherein auf ein Mindestmaß reduziert werden. Dieser Empfehlung im Konzeptpapier der Bund-Länder-Unterarbeitsgruppe „Serologie“ unter Federführung des FLI folgend, wird mit der Anordnung in Ziffer 5 entsprochen.
Alle Anordnungen in den Ziffern 1 bis 5 wurden in pflichtgemäßer Ausübung des eingeräumten Ermessens erlassen. Es stehen zunächst keine Gründe der Seuchenbekämpfung entgegen. In Anbetracht der unter Abschnitt l der Gründe dargelegten epidemiologischen Situation in Sachsen und des erreichten Freiheitsstatus für BVD muss der unerkannten Einschleppung durch den Tierhandel mit Rindern aus nicht BVD-freien Beständen bzw. Zonen und / oder über intrauterin infizierte Kälber durch sogenannte „Trojanische Kühe" vorgebeugt werden. Die Untersuchungen in Ziffer 1, 3, 4 und 5 erhöhen die Sicherheit, dass das Risiko einer BVDV-Einschleppung in einen freien Bestand und in die BVD-freie Zone Sachsen auf ein Mindestmaß reduziert werden kann.
Die angeordneten Maßnahmen verstoßen auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie verfolgen zuvorderst den Zweck der Förderung der Tiergesundheit als Bestandteil des Tierschutzes, der Verhinderung von Reinfektionen und der Verhinderung wirtschaftlicher Schäden und dienen damit dem öffentlichen Interesse. Zur Förderung der allgemeinen und spezifischen Tiergesundheit sind Seuchen zu bekämpfen und, soweit möglich, zu tilgen. Für die Rinder haltenden Betriebe bedeutet ein gesunder Rinderbestand eine hohe Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Ein hohes Maß an Tiergesundheit ist jedoch auch stets in einem engen Zusammenhang mit dem vorsorgenden gesundheitlichen Verbraucherschutz v. a. im Sinne des One-Health-Konzeptes zu sehen. Nur gesunde Tiere aus gesunden Betrieben können auch ein einwandfreies Lebensmittel liefern. Die im Zuge der Allgemeinverfügung getroffenen Maßnahmen sind unerlässliche Komponenten bei der BVDV-Überwachung und -Bekämpfung. Insbesondere die große Zahl der sächsischen Rinderhalter haben ein hohes Interesse daran, weiterführende Schutzmaßnahmen zur Erhaltung des Status „frei von Boviner Virus Diarrhoe“ in Anspruch zu nehmen, um diese Seuchenfreiheit sicherzustellen - gewährleistet doch dieser Status den notwendigen Schutz vor BVD-Neuinfektionen beim Viehverkehr.
Zur Verfolgung dieser Zwecke sind die Untersuchungsgebote geeignete Maßnahmen, um die BVDV-Freiheit der Rinderpopulation in Sachsen kontinuierlich zu sichern. Für die Aufrechterhaltung des Status „frei von BVD" auf Betriebs- und Landesebene, sind die genannten Untersuchungen erforderlich. Es gibt unter Berücksichtigung der epidemiologischen Situation, der relativ hohen Anzahl an Impftieren bei inadäquater Dokumentation der Impftiere in der HI-Tier-Datenbank keine alternativen Möglichkeiten, mit denen die angestrebten Ziele gleich gut erreicht werden könnten und die gleichzeitig weniger einschneidend sind. Sie gehen auch nicht über die europäischen tierseuchenrechtlichen Anforderungen in Bezug auf BVD, die seit 21. April 2021 Anwendung finden, hinaus.
Die Anordnungen sind ferner angemessen, da das öffentliche Interesse an der Vorbeugung der Seucheneinschleppung das Interesse der Rinderhalter am freien Bestimmungswillen über ihr Eigentum in Form eines geringeren Kontrollaufwandes überwiegt. Die im Rahmen der Überwachung der Bovinen Herpesvirus Typ 1-Infektion (BHV1-Infektion) zu entnehmenden Blutproben können zudem gleichzeitig auf BVD mit untersucht werden, so dass bei bestimmten Untersuchungskonstellationen in Abhängigkeit von der Haltungsform hierfür kein zusätzlicher logistischer oder finanzieller Aufwand für den Tierhalter entsteht. Die Laborkosten im Rahmen dieser BVD-Untersuchungen werden vom Land Sachsen getragen.
Jegliche Seuchenbekämpfung dient neben der Förderung der allgemeinen und spezifischen Tiergesundheit auch der Gewährleistung des Tierschutzes, je nach Erkrankungsart dem Verbraucherschutz ebenso wie der wirtschaftlichen Entwicklung des Betriebes. Eine BVDV-Infektion kann zu massiven klinischen Erkrankungen und damit wirtschaftlichen Schäden führen. Auch die erforderlichen seuchenprophylaktischen Maßnahmen, um Betriebe in der BVD-freien Zone vor Reinfektionen zu schützen, bedeuten für diese Unternehmen nicht unerhebliche wirtschaftliche Aufwendungen für Biosicherheitsmaßnahmen. Aus dem Vorgenannten ergibt sich, dass das öffentliche Interesse an den angeordneten Maßnahmen die Interessen der dadurch betroffenen Tierhalter am freien Bestimmungswillen über ihr Eigentum überwiegt. Dem Interesse der betroffenen Tierhalter, mit ihren Tieren nach Belieben verfahren zu können, stehen mögliche erhebliche volkswirtschaftliche Schäden, der Schutz der freien Bestände und der Tierschutz als zwingende Gründe gegenüber. Zudem dienen die angeordneten Maßnahmen dazu, eine Verbesserung der Handelsmöglichkeiten und damit perspektivisch einer wirtschaftlichen Besserstellung aller sächsischen Rinderhalter sicherzustellen. Daher dienen die Maßnahmen letztlich auch den Interessen der von den Maßnahmen betroffenen Tierhalter.
Zu 6.
Nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO kann die sofortige Vollziehung im besonderen öffentlichen Interesse angeordnet werden. Die Voraussetzung liegt hier vor, da Ausbruch und Ausbreitung der BVD und damit die Gefahr von tiergesundheitlichen wie auch wirtschaftlichen Folgen schnellstmöglich erkannt und unterbunden werden muss. Aufgrund des in Sachsen erreichten BVDV-Freiheitsstatus ist es aus fachlichen und rechtlichen Gründen erforderlich, die angeordneten Maßnahmen ohne zeitlichen Verzug zu vollziehen, wobei die Maßnahmen sowohl im öffentlichen Interesse wie im Interesse der Rinderhalter unbedingt erforderlich sind. Es liegt im besonderen öffentlichen Interesse, dass die zur wirksamen Seuchenbekämpfung erforderlichen Maßnahmen ohne zeitlichen Verzug durchgeführt werden können. Ein BVD-Viruseintrag in einen BVD-freien Bestand in einer BVD-freien Zone führt bei tragenden Muttertieren, in Abhängigkeit vom Trächtigkeitsstatus, zur Entstehung persistent infizierter Kälber, die nach der Geburt sehr hohe Mengen an BVD-Virus mit allen Se- und Exkreten ausscheiden. Die Infektion dieser PI-Tiere kann erst erkannt werden, wenn die betreffenden Kälber geboren werden. So werden BVD-Infektionen im Bestand erst zeitverzögert, spätestens nach der Geburt, erkannt. Eine möglichst frühzeitige Erkennung des BVD-Viruseintrages ist jedoch unabdingbar, um schnellstmöglich Tierseuchenbekämpfungsmaßnahmen (Entfernung von PI-Tieren, Untersuchung des Bestandes; Verbringungssperre) ergreifen zu können und um dadurch ein Leiden der Tiere durch klinische Symptome und wirtschaftliche Verluste aufgrund des Rückganges der Herdenleistung, Kälberverluste und der Verbringungssperre sowie die Verbreitungsgefahr des BVD-Virus in andere hochempfängliche Bestände zu minimieren. Darüber hinaus besteht die Gefahr des Verlustes des Status „seuchenfrei“ von BVD für Sachsen und damit wirtschaftlichen Einbußen aufgrund von u.a. Handelserschwernissen für jeden sächsischen Rinderhalter. Diesem besonderen öffentlichen Interesse stehen keine vorrangigen oder gleichwertigen Interessen des Tierhalters gegenüber, die es rechtfertigen könnten, die Wirksamkeit der Allgemeinverfügung bis zu einer zeitlich noch nicht absehbaren unanfechtbaren Entscheidung über einen möglichen Widerspruch hinauszuschieben. Die Gefahr der Weiterverbreitung der Seuche und der damit verbundene wirtschaftliche Schaden sind höher einzuschätzen als persönliche Interessen an der aufschiebenden Wirkung als Folge eines eingelegten Rechtsbehelfs. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtung der angeordneten eilbedürftigen Maßnahmen würde bedeuten, dass ggf. die kurzfristige Feststellung des Ausbruchs und damit eine wirksame Bekämpfung der Tierseuche nicht mehr gewährleistet wären.
Zu 7.
Entsprechend § 1 Abs. 2 SächsAGTierGesG obliegt der Vollzug der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Tiergesundheitsrechtes den LÜVÄ der Landkreise und Kreisfreien Städte. Die Wahrnehmung von einzelfallbezogenen Aufgaben durch die Landesdirektion Sachsen erscheint als nicht sachgerecht. Die Anordnung und der Vollzug von einzelfallbezogenen örtlichen Maßnahmen erfolgt daher durch das jeweils zuständige LÜVA der Landkreise und Kreisfreien Städte.
Zu 8.
Die Bekanntgabe der Allgemeinverfügung erfolgt auf der Grundlage des § 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG) i. V. m. § 41 Abs. 4 des Verwaltungsverfah-rensgesetzes (VwVfG). Danach gilt eine Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben.
Die Bekanntmachung erfolgt nach § 41 Abs. 4 S. 1 und 2 VwVfG durch die ortsübliche Bekanntmachung des verfügenden Teils im Sächsisches Amtsblatt.
Ergänzend ist die vollständige Begründung diese Allgemeinverfügung auf der Internet-seite der Landesdirektion Sachsen unter http://www.lds.sachsen.de/Bekanntmachung abrufbar und kann in den oben genannten Dienststellen der Landesdirektion Sachsen zu den üblichen Geschäftszeiten eingesehen werden.
Bei der Bekanntgabe durch ortsübliche Bekanntmachung ist zu berücksichtigen, dass vorliegend der Adressatenkreis so groß ist, dass er, bezogen auf Zeit und Zweck der Regelung, vernünftigerweise nicht mehr in Form einer Einzelbekanntgabe angesprochen werden kann. Von einer Anhörung wurde daher auf der Grundlage des § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG abgesehen.
Zu 9.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 des Verwaltungskostengesetzes des Freistaates Sachsen (SächsVwKG).
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch eingelegt werden bei der Landesdirektion Sachsen, Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz, oder den Dienststellen der Landesdirektion Sachsen in Dresden, Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden, oder in Leipzig, Braustraße 2, 04107 Leipzig. Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Der elektronischen Form genügt ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Die Schriftform kann auch ersetzt werden durch Versendung eines elektronischen Dokuments mit der Versandart nach § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes. Die Adressen und die technischen Anforderungen für die Übermittlung elektronischer Dokumente sind über die Internetseite www.lds.sachsen.de/kontakt abrufbar.
Dr. Michael Richter
Referatsleiter
Referatsleiter
Anlage:
Rechtsgrundlagen:
- Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“) (EU) 2016/429 in der derzeit gültigen Fassung
- Delegierte Verordnung der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften betreffend Überwachung, Tilgungsprogramme und den Status „seuchenfrei“ für bestimmte gelistete und neu auftretende Seuchen (EU) 2020/689 in der derzeit gültigen Fassung
- Sächsisches Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz vom 9. Juli 2014 (SächsGVBl. S. 386)
- Durchführungsverordnung der Kommission vom 3. Dezember 2018 über die Anwendung bestimmter Bestimmungen zur Seuchenprävention und -bekämpfung auf Kategorien gelisteter Seuchen und zur Erstellung einer Liste von Arten und Artengruppen, die ein erhebliches Risiko für die Ausbreitung dieser gelisteten Seuchen darstellen (EU) 2018/1882 in der derzeit gültigen Fassung
- Durchführungsverordnung der Kommission vom 15. April 2021 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Genehmigung des Status „seuchenfrei“ und des Status der Nichtimpfung für bestimmte Mitgliedstaaten oder Zonen oder Kompartimente dieser Mitgliedstaaten in Bezug auf bestimmte gelistete Seuchen und der Genehmigung von Tilgungsprogrammen für diese gelisteten Seuchen (EU) 2021/620
- Durchführungsverordnung der Kommission vom 17. Februar 2022 zur Änderung bestimmter Anhänge der Durchführungsverordnung (EU) 2021/620 hinsichtlich der Genehmigung oder Aberkennung des Status „seuchenfrei“ für bestimmte Mitgliedstaaten oder Zonen oder Kompartimente dieser Mitgliedstaaten in Bezug auf bestimmte gelistete Seuchen und hinsichtlich der Genehmigung von Tilgungsprogrammen für bestimmte gelistete Seuchen (EU) 2022/214
- Delegierte Verordnung der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Tiergesundheitsanforderungen an Verbringungen von Landtieren und Bruteiern innerhalb der Union (EU) 2020/688 in der derzeit gültigen Fassung
- Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. März 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 71) geändert worden ist
- Gesetz zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen vom 19. Mai 2010 (SächsGVBl. S. 142), das durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Juli 2013 (Sächs-GVBl. S. 503) geändert worden ist
- Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 24 Absatz 3 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist
- Sächsisches Verwaltungskostengesetz vom 5. April 2019 (SächsGVBl. S. 245)
Anlage 1:
Erhebung des serologischen Herdenstatus - Untersuchungsvarianten
Die Erhebung des serologischen Herdenstatus kann durch eine Gesamtbestandsuntersuchung oder durch vier zu wiederholende Stichprobenuntersuchungen erfolgen.
Bei der Gesamtbestandsuntersuchung sind in Analogie zur BHV1-Untersuchung alle über 24 Monate alten weiblichen Rinder in die Untersuchung einzubeziehen.
In Anbetracht der bis zum Erlass eines Impfverbotes am 01.04.2021 hohen Impfdichte in Sachsen dürfte die Gesamtbestandsuntersuchung nur in solchen Betrieben als Methode der Wahl in Betracht kommen, bei denen nicht aufgrund der Impfung, bekannter früherer Infektionsgeschehen oder des Zukaufs geimpfter Tiere mit serologisch positiven Tieren zu rechnen ist. Für solche Betriebe ist die Stichprobenuntersuchung Methode der Wahl.
Im Rahmen der Stichprobenuntersuchung ist bei der Auswahl der zu untersuchenden Tiere darauf zu achten, dass von diesen grundsätzlich ein negativer Befund zu erwarten ist, z.B. Kühe geboren nach dem Januar 2021 oder Tiere mit einem bekannten negativen Serologiestatus. Die beprobten Tiere müssen sich seit mindestens 3 Monaten im Betrieb befinden.
Folgende Untersuchungsverfahren können im Rahmen der Stichprobenuntersuchung zur Anwendung kommen
1. Milchviehbetriebe:
a. mit bis zu max. 100 laktierenden Kühen
i.vier Tankmilchproben im vierteljährlichen Abstand oder
ii.vier Stichprobenuntersuchungen aus Einzelmilchproben im vierteljährlichen Abstand, welche die Erkennung einer 20%igen Seroprävalenz in jeder epidemiologischen Einheit mit einer Sicherheit von 95% sicherstellt.
b. Betriebe mit über 100 laktierenden Milchkühen
vier Stichprobenuntersuchungen aus Einzelmilchproben im vierteljährlichen Abstand, welche
• bei 3 der 4 Untersuchungen die Erkennung einer 20%igen Seroprävalenz in jeder epidemiologischen Einheit mit einer Sicherheit von 95% sicherstellt und
• bei einer der 4 Untersuchungen die Erkennung einer 5%igen Seroprävalenz in jeder epidemiologischen Einheit mit einer Sicherheit von 95% gewährleistet.
Die Milchproben sind vom betreuenden Tierarzt zu entnehmen. Es ist auf seuchen-hygienisch saubere Entnahme zu achten, um eine etwaige Kontamination der Einzelmilchproben zu verhindern. Alternativ zu den Einzelmilchproben ist die blutserologische Untersuchung möglich (z. B. in Betrieben, die Blutproben im Rahmen der BHV1-Untersuchung entnehmen).
2. In separaten Kälber- und Jungrinderaufzuchten:
In separaten Kälber- und Jungrinderaufzuchten sind mindestens zweimal im Abstand von ca. 6 Monaten Stichprobenuntersuchungen durchzuführen. Der Stich-probenumfang muss die Erkennung einer 20%igen Seroprävalenz mit 95%iger Sicherheit in jeder epidemiologischen Einheit ermöglichen.
3. Mutterkuhbetriebe:
Sofern nicht aufgrund einer im Bestand durchgeführten Impfung, bekannten früheren Infektionsgeschehen oder des Zukaufs geimpfter Tiere mit serologisch positiven Tieren zu rechnen ist, ist die Erhebung des serologischen Herdenstatus als Gesamtbestandsuntersuchung durchzuführen. Grundsätzlich sind dazu die Blutprobenuntersuchungen aus der BHV1-Überwachung zu nutzen. In Betrieben, die nicht für eine Gesamtbestandsuntersuchung geeignet sind, bestimmt das LÜVA ein anderes geeignetes Untersuchungsprogramm in Abstimmung mit dem Rindergesundheitsdienst der Sächsischen Tierseuchenkasse.
4. Mastbetriebe:
Bei reinen Mastbetrieben, welche ihren Bestand mit Tieren aus freien Betrieben aufgebaut haben und die ausschließlich Tiere zur Schlachtung abgeben, sind Untersuchungen zur Erhebung des serologischen Herdenstatus entbehrlich. Hinsichtlich der weiteren Überwachung solcher Bestände, die zukünftig nicht mehr über die Ohrstanze untersuchte Zutreter aus serologisch überwachten Herden beziehen, wird auf den angekündigten Erlass zur Umsetzung der Untersuchungen in der zweiten Phase verwiesen.
5. Gemischte Betriebsformen:
In Betrieben, die nicht zu einer Gesamtbestandsuntersuchung geeignet sind, bestimmt das LÜVA ein anderes geeignetes Untersuchungsprogramm in Abstimmung mit dem Rindergesundheitsdienst der Sächsischen Tierseuchenkasse.
[1] Amtliche Methode und Falldefinition Bovine Virus Diarrhoe (BVD), 22.12.2022; FLI (https://www.openagrar.de/servlets/MCRFileNodeServlet/openagrar_derivate_00027421/TS8a-Bovine-Virus-Diarrhoe-2022-12-15_bf.pdf)